Johannes Muis beobachtet den Kampf um die Wachendorfer Brücke

Niederländischer Zwangsarbeiter als Zeitzeuge

Johannes Muis war zu Zeiten der deutschen Besatzung in den Niederlanden untergetaucht und hatte sich, wie viele Gleichgesinnte, im damals gerade trockengelegten Noordoostpolder unter den vielen dort tätigen Landarbeitern verborgen. Hier wurde er am 17. November 1944 bei einer Razzia in der Nähe von Vollenhove verhaftet und als Zwangsarbeiter nach Lingen verschleppt.

Muis kam nach Wachendorf und musste mit vielen hunderten weiteren Niederländern den Winter über am Bau der „Emsstellung“, einem System von Panzergräben westlich der Ems, arbeiten. Bei schlechtem Winterwetter kamen die Arbeiten nur langsam voran. Die Zwangsarbeiter wurden von ihren Bewachern schlecht behandelt, die waren Unterkünfte unzureichend und die Verpflegung miserabel.

Der Auszug aus dem nicht ohne Humor und Ironie verfassten Tagebuch beginnt mit dem 1. April – am Tag zuvor waren die meisten Niederländer aus Wachendorf abkommandiert worden. Muis ist nach der Auflösung des Lagers Wachendorf gleich zum Bauern Steffens gegangen und hat dort zum ersten Mal seit Monaten wieder in einem Bett geschlafen. Der Text wurde vom Emslandmuseum aus der niederländischen Originalfassung übertragen und leicht gekürzt.

Muis hatte sich mittlerweile mit dem Bauern Steffens angefreundet. Beim Herannahen der Front wurden die meisten holländischen Arbeiter Ende März nach Ostfriesland verlegt. Beim Abmarsch meldete Muis sich krank. Er und einige weitere Niederländer blieben nun als Landhelfer bei verschiedenen Bauern in Wachendorf, die zusätzliche Arbeitskräfte gut gebrauchen konnten.

In seinem Tagebuch schildert der Zeitzeuge, wie in diesen Tagen einige Nazis immer rabiater und brutaler wurden, andere aber schon versuchten, sich bei den Gefangenen anzubiedern. In Wachendorf erlebte Muis am 3. April die Eroberung der unzerstörten Emsbrücke durch die englischen Soldaten. Aus der Ferne konnte er auch die Kämpfe um Lingen beobachten, die der Stadt Tod und Zerstörung, ihm aber die Freiheit brachten.

Der Kampf um die Wachendorfer Brücke auf einem englischen Historienbild von 1989

Der Auszug aus dem nicht ohne Humor und Ironie verfassten Tagebuch beginnt mit dem 1. April – am Tag zuvor waren die meisten Niederländer aus Wachendorf abkommandiert worden. Muis ist nach der Auflösung des Lagers Wachendorf gleich zum Bauern Steffens gegangen und hat dort zum ersten Mal seit Monaten wieder in einem Bett geschlafen. Der Text wurde vom Emslandmuseum aus der niederländischen Originalfassung übertragen und leicht gekürzt.

„Sonntag, 1. April, 1. Ostertag

Freundliches, etwas feuchtes Wetter.

Herrlich geschlafen in einem echten Bett. Morgens die notwendigen Arbeiten verrichtet und danach durch das Weideland spaziert, um Kibitzeier zu suchen.

Seit heute Mittag ist reger Verkehr auf der Straße, viele durchziehende Truppenteile, die von unserer früheren Lagerunterkunft Gebrauch machen.

Die gesamten Stallungen und Scheunen von Bauer Topphoff werden hierfür beansprucht, Lastwagen mit Funkanlagen, gewaltige Mengen Kleidung aus den Textilfabriken in Hengelo, Enschede und Nordhorn. Dann wieder normale Truppen, außerdem Trupps von Kriegsgefangenen aus Münster, deutsche Staatsbürger, die in der ein oder anderen Funktion in Holland waren, und auch Holländer, die sich dort nicht mehr sicher fühlten.

Ein unaufhörlicher Strom von Flüchtlingen und Fahrzeugen verschiedenster Sorte, alles ungeordnet auf dem Rückzug.

Fünf Niederländer, die vor einer Woche auf den Flugplatz Plantlünne mussten, haben sich beim Abmarsch der Gruppe in Richtung Leer abgesetzt und bleiben erst mal in den Wäldern nordöstlich von Wachendorf am östlichen Ufer der Ems. Hin und wieder tauchen sie hier mal auf.

Montag, 2. April, 2. Ostertag

Dasselbe trübe Wetter wie gestern, etwas mehr Regen

Die fünf geflüchteten Holländer hat einer von uns zu einer Jagdhütte in Schwartenpool gebracht, die zwischenzeitlich für ihren Aufenthalt hergerichtet wurde. Da sitzen sie nun, weit abseits der bewohnten Welt, vorläufig wohl sicher.

Mittags hören wir beim Bauern Pott, dass die amerikanischen Truppen schon in Nordhorn stehen, dass die Brücken gesprengt wurden usw.

Immer deutlicher hört man die Geschütze, die die flüchtenden Truppen unter Beschuss nehmen. Im Vergleich zu gestern ist die Zahl der durchziehenden Truppen noch viel größer geworden. Mit allerlei Fahrzeugen versuchen sie weg zu kommen, aber jetzt kommen auch die Jagdflugzeuge in Aktion. Wenn sie aus der Luft ein Auto entdecken, fliegen sie tief heran und nehmen es unter Beschuss. In diesem Moment wird es gefährlich. Das Ergebnis ist dann, dass sich jeder Verbund und jede Ordnung auflösen. Die Autos versuchen, unter Bäumen in Deckung zu gehen und die Mannschaften suchen jeder für sich das Beste. Zwischendurch hört man das Knattern der Maschinengewehre und die jaulenden Geräusche der Jagdflugzeuge.

Wenn so ein Angriff vorüber ist, versuchen die Autos weiter zu kommen, aber die Mannschaften sind überall verstreut, so dass der Fahrer schließlich mit einem leeren Fahrzeug losfährt. Es gibt ein großes Aufatmen, wenn es dunkel wird und die Jagdflieger nicht mehr kommen.

Ständig kommen Zivilisten und Militärs zu den Bauern und bitten um einen Schlafplatz und Essen. Die meisten sind schon drei oder vier Tage unterwegs, ohne Schlaf und Versorgung. Sie sind abgeschlafft und kriegsmüde, außerdem kaum noch bewaffnet, um Widerstand zu leisten. Heute Nacht schlafen wieder drei im Pferdestall, in der Hoffnung, dass morgens die Front schon durchgezogen ist.

Wir sind mit fünf Leuten aus dem Lager zurückgeblieben, hierzu kommen noch zwei weitere Arbeiter, die nicht zum Lager gehörten, mithin sieben Holländer hier in Wachendorf.

Die Ostertage gingen vorüber mit viel Plaudern und Diskussionen über den weiteren Verlauf des Krieges und über alles, was damit zusammenhängt.

3. April

Die ganze Nacht ist noch unwahrscheinlich viel Verkehr auf der Straße. Alle, die sich bei Bauer Topphoff einquartiert hatten, sind Hals über Kopf abgezogen und haben nur die wichtigsten oder wertvollsten Dinge mitgenommen. Sie hinterlassen eine große Anzahl Generatoren auf dem Bauernhof, hier und da ein Gewehr, einen Helm oder eine Panzerfaust.

Ungefähr um halb vier werden wir aus dem Schlaf geschreckt durch einen gewaltigen Lärm – Bomben oder Brücken, die sie in die Luft fliegen lassen. In der Stille der frühen Morgenstunden können wir Panzer hören, die von Süden her heranrollen. Man kann sich keine Vorstellung machen von unserem Gemütszustand, als die Befreiung so nahekam.

Später stellte sich heraus, dass der laute Knall tatsächlich die Sprengung der Emsbrücke vor Lingen war.

Wir können alle keinen Schlaf mehr finden und beginnen schließlich, die Kühe zu melken. Das geht auch nicht wie gewohnt, weil die Elektroleitung unterbrochen ist. Als wir mit viel Mühe die Kühe gemolken haben, kommt einer der Soldaten die Leiter vom Pferdestall herunter. Er ist natürlich auch wach geworden. Scheinbar ist er noch ganz ruhig, auch wenn die Front näherkommt. Er stopft in Ruhe seine Pfeife, bleibt eine halbe Stunde sitzen und als wir alle glauben, dass die Soldaten jetzt weiterziehen, legt er sich wieder hin.

Der Tag beginnt, begleitet von heftigem Artilleriefeuer zwischen Lingen und Lohne. Nach einem Anruf des Bürgermeisters scheint es so, dass die Panzerspitzen schon an Lohne vorbei sind. Der Vormittag verläuft aber weiter ruhig. Gegen drei Uhr nachmittags gibt es hartnäckige Gerüchte, dass hinter dem Esch schon Panzer gesichtet wurden. Ob es wahr ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen, aber es ist nicht unwahrscheinlich.

Die Brücke über die Ems ist immer noch nicht gesprengt, trotz der militärischen Anweisung. Um sechs Uhr, als ich gerade beginne die Kühe zu melken, entsteht ein heftiges Gefecht um die Emsbrücke. Nach etwa einer Dreiviertelstunde ist der Kampf entschieden und die Amerikaner [in Wirklichkeit waren es Engländer (A.E.)] ziehen weiter nach Altenlingen, um von dort aus Lingen zu umzingeln.

Die Brücke von Wachendorf kommt unzerstört in die Hände der Alliierten. Die Gastwirtschaft in unmittelbarer Nachbarschaft geht jedoch in Flammen auf.

Später stellt sich heraus, dass der Volkssturm mit der Sprengung der Brücke zu lange gewartet hatte, so dass der erste Panzer die Zündschnüre zerschossen hat.

Die Bestürzung in Wachendorf ist so groß, dass praktisch alle Bewohner Zuflucht suchen in den Bunkern, wo sie auch in der kommenden Nacht noch bleiben. Einige Zeit war ich daher ganz alleine auf dem Bauernhof Steffens.

Während der Kämpfe um die Brücke hatte ich auch keine Lust mehr zum Melken, so dass ich dies auf später verschob. Beim Gedanken, dass innerhalb weniger Minuten die Amerikaner mit ihren Panzern heranrollen würden, erlebte ich den schönsten Moment meines Aufenthaltes in Wachendorf, nämlich das Hissen einer weißen Fahne am Giebel des Hauses von Steffens, die schon seit einigen Tagen bereitlag.

Nach der Eroberung der Brücke rückten die Amerikaner vor auf Altenlingen, wo die Deutschen die Brücke über den Kanal sprengten, so dass hier eine weitere Verzögerung entstand. Nachts blieb alles ruhig, so dass ich gut schlafen konnte. Es gab jedoch große Aktivität bei den Panzern, die die ganze Nacht über den Mühlengraben zur Brücke rollten. Die Deutschen sind mit Ausnahme einiger versprengter Soldaten verschwunden und die Alliierten sind noch nicht zu sehen.

4. April

Heute Morgen heftiges Artilleriefeuer auf Lingen aus der Heide hinter Wachendorf, das dann und wann erwidert wird.

Durch das Radio wurde heute Morgen durchgegeben, dass in Lingen Straßenkämpfe im Gange sind.

Gegen 10 Uhr, als ich gerade über den Hof spaziere, kommt unser Nachbar zu mir. Er kann seine Neugier nicht zurückhalten und will aus dem Unterholz, von dem wir zu allen Seiten umgeben sind, einen Blick riskieren. Obwohl ich zunächst keine große Lust verspüre, durch die Sträucher zu schleichen, mit allen eventuellen Folgen, gehe ich am Ende doch mit.

Wir laufen über den Esch und versuchen, in der Deckung des Unterholzes über die Heide zu blicken. Dies gelingt uns auch, ohne dass wir durch eventuelle Wachposten bemerkt werden. Das Schauspiel ist wirklich eindrucksvoll. Zahlreiche Fahrzeuge wälzen sich dort durch. Das ganze Gelände ist praktisch voll mit Lastwagen, Panzern, Kampffahrzeugen, Motorräder usw., während sogar schon eine Rote-Kreuz-Station aufgebaut ist. Ab und zu rasen Melder los in Richtung Lohne.

Wir wagen uns jedoch nicht länger in diese gefährliche Nachbarschaft, denn wenn man uns hier entdeckt, wird man uns wahrscheinlich für Deutsche halten.

Wir kommen rasch wieder in Wachendorf an und werden bestürmt von den Einwohnern, die natürlich sehr neugierig sind, aber vor allem ängstlich. In diesen Tagen lauert jeder um die Hausecke oder durch die Fenster, aber weiter kommen die meisten nicht.

Wir wissen überhaupt nicht, was wir an diesen Tagen anfangen sollen. Das Heu für die Kühe ist beinahe auf, aber wir können kein Heu holen, weil der Weg nach West von den Alliierten abgeschnitten ist. Die Futterrüben liegen in einer Kuhle an der Emsbrücke, wo wir auch nicht hinkönnen. Um Futterstroh zu bekommen, müssten wir erst Dreschen, aber elektrische Strom ist seit heute Morgen auch nicht mehr da.

Wir tun also nichts anderes als Melken, Füttern, Essen und Erzählen. Weil die Milch nicht abgeholt wird, kommen wir langsam an den Punkt, wo jeder sein Schlaraffenland findet: Wenig oder gar nicht arbeiten, viel und lecker essen.

Unterdessen hält der schwere Beschuss auf Lingen unvermittelt an – in starkem Kontrast zu dem herrlichen Frühlingswetter und den ersten aufblühenden Kirchen- und Pflaumenbäumen. Im Laufe des Nachmittags gehen vier Männer, darunter Hennie als unser Abgeordneter, mit einem Ruderboot über die Ems, um Schnaps zu holen aus Biene, wo eine Brennerei steht. Diese Brennerei sitzt noch auf großen Vorräten harter Getränke, die man für die Deutsche Wehrmacht bereitgestellt hatte. Weil dieser Kunde jetzt wegfällt, wird der Schnaps nun an die Bauerschaften verteilt. Sie kommen, leicht angeschlagen, mit 115 Litern nach Wachendorf zurück.

Der Bürgermeister sorgt dafür, dass jeder seinen Teil bekommt, auch die entlaufenen Polen und die Holländer.

Gegen 4 Uhr nachmittags kommt ein erster amerikanischer Lastwagen aus Versehen nach Wachendorf. Als er merkt, dass hier noch keine Besatzung liegt, macht er rasch kehrt um.

Dann und wann schwere und gefährliche Luftkämpfe.

5. April

Die Nacht und auch der Morgen sind ganz ruhig, so dass Steffens beschließt, das fette Schwein zu schlachten – eine Vorsichtsmaßnahme gegen eventuelle Beschlagnahme.

Die Vorbereitungen werden getroffen und der Kampf kann beginnen. Ein Berufsschlachter ist nicht zu bekommen, so dass wir versuchen, das Drama mit eigenen Mitteln möglichst geräuschlos zu vollziehen. Nach einigen missglückten Versuchen kriegen wir es wirklich hin, dass das Schwein aus der Scheune in das Hinterhaus geschleppt werden kann. Wir sind etwa auf halbem Wege, als plötzlich drei SS-Männer erscheinen.

Sie regen sich gewaltig auf, dass überall weiße Fahne hängen, weil ihrer Meinung nach Wachendorf noch gar nicht übergeben ist.

Mit Hilfe von Steffens schleppe ich das Schwein eilig in den Mistgang hinter den Kühen und bedecke es mit einem Haufen Stroh. In diesem Moment habe ich die größte Angst ausgestanden während meiner ganzen Zeit in Wachendorf, weil ich nun glaubte, dass im allerletzten Moment unser Verbleib in Wachendorf unser Schicksal besiegeln würde. Steffens kommt mir jedoch zur Hilfe und versichert, dass ich schon seit Jahren bei ihm arbeite.

Allmählich beruhigen sie sich und als einige Männer aus Wachendorf ihnen berichten, dass sie soeben Panzer in der Nachbarschaft entdeckt haben, wählen sie mit voller Wucht die Flucht. Es scheint so, dass sie planten, nach einer Möglichkeit zu suchen, um einen Angriff in die Flanke der Amerikaner durchzuführen. Die Amerikaner rücken immer weiter Richtung Osten vor, während sich der Frontverlauf hier in den letzten Tagen kaum verändert hat. Wegen des starken Widerstandes in Lingen planen sie nun einen Angriff von Norden. Bis heute ist die Front an uns verbeigelaufen, aber wenn sie diesen Angriff ausführen, liegen wir mitten im Schlachtfeld und geraten in eine hoffnungslose Lage.

Von diesem Gegenangriff kam aber nichts mehr. Die weißen Fahnen, die auf Befehl der SS wieder eingeholt werden mussten, wurden mit großem Eifer wieder aufgehängt als etwas später wirklich die ersten alliierten Panzer in Wachendorf auftauchten.

Gerade bin ich damit beschäftigt, die weiße Fahne auf dem Dachboden zu befestigen, als plötzlich eine Gruppe von Flugzeugen erscheint und so heftig feuert, dass ich in aller Eile Deckung hinter dem dicken Schornstein suchen muss.

Das halb geschlachtete Schwein wird aus seinem Versteck hervorgeholt, aber niemand hat mehr Mut und Lust, um die Arbeit fortzusetzen. Wir zerteilen es in große Stücke und bringen es in den Keller, immer in Deckung vor den Bordwaffen der Flugzeuge. Ein angstvoller, nervenaufreibender Tag geht vorüber. Wir sind dann auch leichenblass, als die Gefahr vorbei ist und wir wieder zu uns selber kommen. Lingen verteidigt sich immer noch hartnäckig. Viele Flüchtende kommen von dort und werden hier untergebracht.

Gegen vier Uhr nachmittags erscheinen drei der fünf Holländer, die in der Jagdhütte in Schwartenpool untergekommen waren, in Wachendorf. Nachdem sie bei Topphoff etwas gegessen haben, gehen sie mit Klaas, der in den letzten Tagen auch bei Topphoff war, auf die Amerikaner zu und werden verhaftet. Die Russen, die auch einen Blick riskieren, kehren zurück mit großartigen Erzählungen, was sie alles gesehen haben.

Die vier Holländer haben einige Tage dicht hinter der Front verbracht, wurden von dort mit Kriegsgefangenen durch Holland nach Bocholt und Kleve gefahren und kamen schließlich in Noord-Brabant an. Daher dauerte es ziemlich lange, bis sie nach Hause zurückkehrten.

6. April

Der Beschuss auf Lingen hat praktisch aufgehört, wir vermuten, dass die Übergabe unmittelbar bevorsteht. Heute Morgen um sieben Uhr erschienen plötzlicht zwei alliierte Soldaten, um alles zu durchsuchen.

Während ich nach draußen gehe, bleiben die anderen Bewohner so weit wie möglich im Hintergrund. Während ich von dem einen befragt werde, hält der andere durchgehend ein automatisches Gewehr auf mich gerichtet, um bei jeder verdächtigen Bewegung seine Waffe zu benutzen.

Es ist ihren Gesichtern anzusehen, dass diese Männer schon länger im Krieg gewesen sind, hart und verschroben sind ihre Gesichter, ihre Augen stets wachsam.

Als ich angebe, dass ich ein Holländer bin, der hier zufällig hingekommen ist, beginnt der eine, zu meiner nicht geringen Überraschung, Holländisch zu sprechen und erzählt, dass er aus Brabant kommt und schon lange Zeit im Dienst der Alliierten steht. Er spricht Deutsch, Holländisch und Englisch.

Nach mir werden alle Mitglieder der Familie Steffens befragt und das Haus durchsucht, bis sie schließlich, mit einer Partie Eiern bewaffnet, den Bauernhof verlassen.

Während dies bei Steffens nicht passierte, war es in den folgenden Tagen wohl üblich, viele Wertsachen mitzunehmen, etwa Gold und Silberschmuck, Kleidungsstücke, Radio usw.

Der Geschützdonner ist gegenüber den vergangenen Tagen weiter entfernt und alles holt wieder Atem, nachdem die erste Durchsuchung nun vorbei ist.

Mittags rauche ich zum ersten Mal nach langer Zeit wieder zwei englische Zigaretten. Überall laufen Flüchtende, Deutsche, Franzosen, Holländer usw. Es ist momentan eine disziplinlose Bande, jeder macht was er will und der eine nimmt sich mehr als der andere.

Aber ich kann es ihnen nicht übelnehmen, dies ist die Reaktion auf die Behandlung durch die Moffen [deutsche Nazis].

7. April

Die letzten Tage war oft regnerisches Wetter, aber heute Morgen hat es leicht gefroren und es ist ziemlich kalt.

Noch feuert viel Artillerie von Dalum und Lingen in östliche Richtung, aber schon in großer Entfernung von uns.

Hier und da laufen nun Gruppen alliierter Soldaten herum, nehmen die Jagdwaffen und Patronen in Beschlag und alles weitere, was sie gebrauchen können oder interessant finden.

Niemand hat noch Lust zu arbeiten. Unser einziger Wunsch ist: zurück nach Holland, so schnell wie möglich.

Der Schnaps aus Biene, mit dem die Bauern in den letzten Tagen sehr freigiebig geworden sind, ist das einzige Mittel, um uns noch bei Laune zu halten.

Lange Zeit wussten wir, dass es praktisch unmöglich war, um hier weg zu kommen, aber nachdem die Front uns nun überrollt hat, ist es mehr als ein Gedanke, der uns beschäftigt, nun zurück zu unseren Familien und Bekannten zu kommen, von denen viele schon seit geraumer Zeit nichts mehr gehört haben.

Um drei Uhr erfahren wir, dass wahrscheinlich ein Transport nach Holland geht. Wir bekamen unsere Papiere von Steffens zurück und informierten am gleichen Abend noch einen Kollegen, der bei einem anderen Bauern war, dass die Abfahrt auf Sonntagmorgen acht Uhr festgelegt wurde.

Als ich in der Dunkelheit zurückkehre und der Himmel in östlicher Richtung in roten Farben leuchtet, weiß ich, dass dort noch immer heftig gekämpft wird. Noch ist der Krieg nicht vorüber, aber er wird nicht mehr lange dauern.

Sonntag, 8. April

Der Tag der Abreise, nach dem man sich so lange gesehnt hat, ist heute gekommen. Die meisten von uns waren schon früh auf den Beinen, um unser Gepäck zusammen zu suchen und Abschied von ihren Bekannten zu nehmen.

Die meisten Bauern hätten uns gerne noch etwas behalten, weil sie auf den Höfen so viel Arbeit haben. Aber andererseits können sie natürlich begreifen, dass wir ganz schnell in unser Land und zu unseren Verwandten zurück möchten, von denen wir so lange nichts gehört haben.

Nachdem unser weniges Gepäck noch mit einigen Lebensmitteln ergänzt wird, rufen wir auf Deutsch „Abfahren“!