Großer Durst in einer kleinen Stadt

Ein Spaziergang durch die Geschichte der Gastronomie in Freren

Der Bierverlag Tasche belieferte auch früher schon die meisten Gaststätten im Raum Freren

Freren wurde erst 1724 von einem großen Kirchdorf zu einer kleinen Stadt erhoben. Viele Einwohner befürchteten damals eine Anhebung der Alkoholsteuern, doch die Kneipenszene

Hochbetrieb bei Sendhoff an der Theke

in der jungen Stadt entwickelte sich prächtig. Davon konnten sich Michael Merscher und Andreas Eiynck vom Emslandmuseum vor Ort auf der Friduren-Tour persönlich überzeugen.

Von alters her gab es rings um die Frerener Kirche eine Reihe von Schankwirtschaften, oft verbunden mit einer Bäckerei, einem Kolonialwarenladen oder einem Textilgeschäft. Hier konnte die Landbevölkerung sonntags nach dem Gottesdienst einkehren und gleichzeitig einkaufen, etwa bei Daemberg, Flinker, Kloppenborg oder Lindemann.

In die Höhe gebaut: Das Hotel Roth im Stadtzentrum an der Marktstraße

Zwischen der Marktstraße und der Kirche lagen der Gasthof Bernhard Roth und die Bäckerei Karl Roth, aus denen sich später das Hotel Roth (später Wübbels) sowie das 1926 gegründete Restaurant und Cafe Roth entwickelt.

Ein Hauch von Eleganz: Das Cafè und Restaurant Roth, ebenfalls in der Marktstraße

Im Cafè und Restaurant August Roth, dessen schmucke Fassade noch erhalten ist, trafen sich die „besseren Leute“, etwa die Bürgerfrauen und die Lehrer der Höheren Lehranstalt. Ein Electrola-Instrumentengerät sorgte für musikalische Unterhaltung. Das unmittelbar benachbarte Hotel Roth galt als erstes Haus am Platze. Es lag allerdings trotz diverser Anbauten und Nebengebäude so beengt, dass man nur in die Höhe bauen konnte. Und so bildete das mehrstöckige Gebäude einen markanten Mittelpunkt der Kleinstadt. Im Saal bei Roth, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand, trafen sich die zahlreichen Vereine der Stadt. Hier probten die Chöre und hier fanden auch viele politische Veranstaltungen statt, denn bis 1976 hatte die Stadt Freren kein eigenes Rathaus.

Vor der Gaststätte Sendhoff in der Mühlenstraße steht der umgebaute Mannschaftswagen des NSKK (Nationalsozialistisches Kraftfahrerkorps) (Foto um 1938)

Nur einen Katzensprung von der evangelischen Kirche entfernt stand am Anfang der Mühlenstraße der Gasthof Lietmeyer, später Thiele. 1929 kaufte Heinrich Sendhoff das Anwesen, das sich unter seiner Leitung zu einer vielbesuchten Gaststätte entwickelte. Hier tobten in den 30er-Jahren die Saalschlachten der Parteiorganisationen, aber auch Theateraufführungen und Vereinsfeste fanden hier statt. Das Lokal wurde in den 50er-Jahren von einer Familie Bensmann fortgeführt und später unter dem Namen „Hotel zur Post“ von Inge Lorenscheidt sowie den Hoteliers Strickmann und Tiek weitergeführt.

Der „Centralhof“, das spätere Hotel Hügelmeyer, am Marktplatz (Foto um 1935)

Direkt am Marktplatz stand der „Centralhof“, der seinem Namen alle Ehre machte, denn das Gasthaus stand in einer scharfen Kurve quasi mit drei Seiten auf dem Marktplatz. Dort konnte man damals auch Colonialwaren sowie Glas-, Porzellan- und Eisenwaren einkaufen. 1919 übernahm die Familie Hügelmeyer das Lokal und baute es zu einem großen Hotel aus. Legendär waren beispielsweise die Feste des Gesangvereins Lyra im Saal bei Hügelmeyer.

Die alte Gaststätte Höfter-Raming an der Ecke Bahnhofstraße/Kirchwallstraße (Foto um 1920

An der Kirchwallstraße war 1718 eine katholische Kirche errichtet worden und bald siedelten sich dort auch Gaststätten an. Auf der Ecke zur Kirchwallstraße stand an der Stelle der heutigen Kreuzapotheke die alte Schenkwirtschaft der Familie Raming, später Höfter. Außer kalten Getränken gab es hier auch Kolonialwaren und Manufakturwaren. Ein Haus weiter stand das alte Amtshaus von Freren. Dieses kaufte um 1870 der Gastwirt Hülsmann und richtete hier eine Schenkwirtschaft mit Bäckerei, später auch Cafè und Konditorei ein. An dieser Stelle steht heute ein Baumarkt.

Im früheren Frerener Amtshaus an der Bahnhofstraße hatte die Gaststätte Hülsmann ihr Domizil (Foto um 1910)

Südlich der Innenstadt an der Abzweigung zur Bahnhofstraße hatten die Frerener Bauerschaften ihren Versammlungsort, den sogenannten Thieplatz, der heute Uphusen-Eck genannt wird. Dort stand die alte Gastwirtschaft Brüse-Kramer, die 1931 von Hans Brüse aus Essen übernommen wurde. Später führte Grete Bollmann das Lokal und seit Ende der 70er-Jahre die Familie Landwehr. Sie benannte das Lokal kurzerhand um von „Dorfkrug“ zu „Stadtschänke“. Hier findet man bis heute eine urige Thekenwirtschaft.

Ein ebenso authentisches Bild bot bis Anfang 2020 die Gaststätte Ida Kock an der Ostwier Straße. Eine weitere Gastwirtschaft mit Bäckerei und Lebensmittelladen sowie später einer Quelle-Agentur betrieb die Familie Krümpelmann an der Königstraße.

In die frühere Frerener Apotheke an der Bahnhofstraße 23 zog in den 50er-Jahren zunächst die Gastwirtschaft Krämer ein. Anfangs stand über der Eingangstür noch das Schild „Privilegierte Apotheke“.Später kam der neue Besitzer Rainer Hövels und eröffnete dort eine Diskothek im „kleinen Raum“, die in Anlehnung an die frühere Nutzung den Namen „Old Chemist‘s Shop“ trug. Dieser Name war für die Frerener Jugend natürlich zu sperrig und so wurde das Lokal landläufig nur „Schoppen“ genannt. Jürgen Rape aus Freren kann sich noch daran erinnern, dass viele junggebliebene Gäste aus einem weiten Umkreis an den Wochenenden den „Schoppen“ besuchten. Manches heutige Paar im Raum Freren hat dort auf der Tanzfläche erste Kontakte geknüpft.

Auch der Löwen-Club hatte hier seine Räume und in einem Nebenraum befand sich außerdem eine Bar. Diese Lokalitäten wurden dem Vernehmen nach vor allem von den Landwirtschaftsschülern der benachbarten DEULA zu nächtlicher Stunde gerne frequentiert. Inhaber und Name der Gaststätte wechselten mehrfach, z.B. zu „Mannis Treff“ und „kiek in“. Zu den neuen Errungenschaften Frerens in den 70er-Jahren gehörte auch eine Diskothek, und zwar im Kellergeschoss eines italienischen Lokals direkt am Marktplatz, welches gleichzeitig den Beginn der internationalen Gastronomie in Freren markierte.

Der Frerener Marktplatz mit dem Hotel Hügelmeyer (links), dem neuen Denkmal „Häst all hört?“ (Mitte) und der ersten Frerener Diskothek (rechts) (Foto um 1978)

Am Weg zum Bahnhof lag die Gaststätte Krämer, gleichzeitig Kohlenhandlung. Hier befindet sich heute das griechische Speiselokal Alexis Sorbas. Direkt gegenüber des Frerener Bahnhofes hatte der Bauer Slemeyer bald nach der Eröffnung der Bahnstrecke Rheine-Quakenbrück eine Bahnhofswirtschaft erreichtet, die er auch selber betrieb. 1896 kam das Lokal in den Besitz der Familie Dahm, die über mehrere Generationen den Wirt stelle. Wer den Zug verpasst hatte oder sich noch nicht nach Hause traute, konnte hier noch eine Pause einlegen.

Im Außenbereich der Stadt und damit eigentlich schon auf dem Gebiet der früheren Gemeinden Geringshusen, Uphusen und Lünsfeld lagen weitere Gaststätten, etwa der Gasthof Engelberts an der heutigen B 214, früher einmal bekannt als Schenkwirtschaft zum „Waldschlösschen“ von Heinrich Böcker.

Das frühere „Waldschlösschen“, später Gaststätte Engelberts an der B 214

Die meisten Altstadtkneipen in Freren sind heute längst Geschichte. Das bekannteste Lokal am Ort ist mittlerweile sicherlich der Gasthof Lüns, der seine Anfänge in den 70er Jahren als Imbiss und Kiosk in einem alten Bauernhaus nahm. Später wurden ein Saal angebaut, drei Kegelbahnen eingerichtet und eine Partyservice aufgebaut. Nach dem Kauf der benachbarten Schulsporthalle entstanden dort das „Spielparadies Western Joe“, das sich besonders an Familien mit Kindern richtet, und eine „Live-cooking-Theke“. Nach einem Brand im Jahr 2012 wurde das gesamte Lokal komplett erneuert und ist heute der wichtigste gastronomische Treffpunkt der Stadt.

Auch in den Frerener Gaststätten hingen mehr oder weniger tiefsinnige Kneipensprüche, etwa „Do wat du wullt, de Lüe kürt doch“ und in der Bahnhofsgegen war zu lesen: „Lieber ein Kampf mit einer wehrhaften Sau, als daheim mit ‘ner zänkischen Frau“. Na dann: wohl bekomms!