Lünner Bier und andere Getränke

Dorfgasthöfe rings um die Kirche

Beschaulich: Hauptstraße, Gasthof Wulfekotte und Kirche in Lünne vor 100 Jahren

Zur Kirche in Lünne gingen in alter Zeit nicht nur die Einwohner von Plantlünne, Altenlünne und Heitel, sondern auch Varenrode, Spelle, Venhaus und sogar

Zur Unterscheidung von Altenlünne wurde das Kirchdorf früher Plantlünne genannt – rechts der Gasthof Wulfekotte, um 1910

Dreierwalde gehörten zur Pfarrei Lünne. Bei diesen weiteren Kirchwegen war der Drang in die Gasthöfe rings um die Kirche in Lünne an den Sonn- und Feiertagen stets gewaltig. Neben der Kirche drehte außerdem eine der ältesten Kornmühlen der Region ihre Räder und seit dem 18. Jahrhundert führte in Lünne im Zuge der alten Heerstraße von Rheine nach Lingen eine steinerne Bogenbrücke über die Aa. Ein idealer Standort für ein Dorf – und damit auch für Dorfgasthöfe. Michael Merscher und Andreas Eiynck vom Emslandmuseum haben gemeinsam mit Gerda Nichau vom Heimatverein Lünne die örtliche Kneipenszene erkundet.

Das früher Dorfgasthof Rotermann, früher Hoffrogge

Direkt an der Aabrücke hatte einst der „Brückenwirt“ Hoffrogge sein Lokal, wo eigenes Bier gebraut wurde. Um 1840 heiratete dort ein Wirt Rotermann ein. 1841 wurde ein stolzer Neubau errichtet, der bis zu seinem Abbruch 1985 den Eingang ins Dorf markierte.

Der Gasthof Wulfekotte reicht bis in das Jahr 1764 zurück

Weit zurück in das 18. Jahrhundert reicht auch die Geschichte des Gasthauses Wulfekotte, heute einer der größten Saalbetriebe in der Region. Hier saßen die Gäste einst am offenen Herdfeuer in der Küche. Die alte Herdwand von 1764 direkt neben der Theke ist noch vorhanden.

Zwischen Kirchhof und Aa steht der Gasthof Helming, früher Hagemann-Wilmer. Er besaß eine überdachte, aber seitlich offene hölzerne Kegelbahn mit Ausblick auf den romantischen Mühlenkolk. Heute ist diese Gaststätte bekannt für ihre idyllischen Parkanlagen rings um den Mühlenkolk mit einem romantischen Gartencafé.

Beengt zwischen Kirchhof und Dorfstraße: DIe Gaststätte Ricklung, früher Höckerhilver

Auf dem Straßenspitz zwischen Wulfekotte und Helming mitten im Dorf stand früher ziemlich beengt auch noch die Gaststätte Rickling, ursprünglich Höckerhilver.

Die Kirche von Dorfkneipen umringt – Mitte: Gaststätte Rickling-Höckerhilver, links Gasthof Wulfekotte

Alle drei genannten Gasthäuser lagen so dicht an der Kirche, dass man bei geöffneten Türen von der Theke aus die Predigt mitverfolgen konnte – in umgekehrter Richtung ging das natürlich auch, weshalb der Ausschank während der Gottesdienste streng verboten war

„Lünner Stuben“ – Inhaber Steinbeck, früher Lammers, vormals Reckers

Am Rande des Dorfes an der Hauptstraße stand noch die Wirtschaft „Lünner Stuben“, früher Reckers, später Lammers. Letzter Inhaber war die Familien Steinbeck. Dieses Lokal war verbunden mit einer Manufakturwaren- und Kolonialwarenhandlung.

Wie bei der Vielzahl der einstigen Gaststätten die Wirte auf ihre Kosten kamen, ist durch einen humorigen Spruch überliefert: Schuum tappen, Geld schrappen, dor kann ok Wirt bi blieven! (Schaum zapfen, Geld schrappen, da kann man als Wirt bestehen!)

Der Gerstensaft wurde in Lünne auch früher schon vor Ort selber gebraut. 1750 ist hier ein Brauhaus nachweisbar und noch 1842 brauten die Wirte Hoffrogge, Hoecker und Schmees eigenes Bier. Sie hatten die Einführung der Gewerbefreiheit kurz nach 1800 geschickt genutzt, um eigene Brauereien einzurichten, wobei die damals erworbene Brau- und Schankerlaubnis in der Familie vererbt werden konnte. Diese Tradition hat vor etlichen Jahren Ewald Borchert aus Lünne wieder aufgegriffen. Der professionelle Bierbrauer gründete das Emsländer Brauhaus, heute bekannt als Familienbrauerei Borchert, mit Erlebnisgastronomie und Biergarten. Auch Brauereibesichtigungen und Bierproben werden dort angeboten. Der Lünner Gerstensaft ist aber auch an vielen Verkaufsstellen in der Region erhältlich.

Der Lünner Brückensturz passierte ausgerechnet einem Biertransporter der Bauerei Rolinck

Eine kurzzeitige Begegnung mit dem Brauereiwesen machte die Lünner Bevölkerung, als in den 30er-Jahren ein voll beladenes Brauereifahrzeug der Firma Rolinck an der Aabrücke verunglückte und samt Ladung in den Fluss rutschte. Glücklicherweise gab es keine Verletzten – außer beim „bergen“ der Bierfässer.

Das Gasthof Hermes in Altenlünne vor dem Ersten Weltkrieg

Im Ortsteil Altenlünne ist seit dem 18. Jahrhundert der Gasthof Hermes ansässig, ursprünglich ein Kaufladen mit einer einfachen Schenke, die später zu einem namhaften Saalbetrieb ausgebaut wurde. Die Familienchronik berichtet, dass die Vorfahren einst als Kiepenkerle über Land zogen. Mit der Gaststätte verbunden war zu Zeiten des Königreichs Hannover auch eine „Wegegeld-Erhebungsstelle“, an der die Straßenbenutzungsgebühr für die neu ausgebaute Straße von Lingen nach Rheine erhoben wurde. Aufgrund der günstigen Lage an der B 70 war der Saal Hermes über viele Jahrzehnte im gesamten Emsland ein fester Begriff.

Das Gasthof Hermes nach dem Umbau in den 1930er-Jahren, links der Saaleingang

Zu den am meisten frequentieren Speiselokalen der Region zählen heute die „Lünner Stuben“ bei der Raiffeisen-Genossenschaft an der B 70. Am Blauen See in Lünne, der früheren Tongrube einer Ziegelei, entstand mit der Erschließung als Naherholungsgebiet auch eine Gaststätte, die heutzutage unter dem Namen „Blue Sea“ – wohl einzigartig in der Region – deutsche, internationale und besonders auch Afrikanische Küche anbietet.

Gasthof Hermes in Altenlünne und der Blaue See, um 1960

Von alters her waren die Lünner für ihre Gastfreundschaft bekannt und so lockten die Kirmes und die Schützenfeste viele Gäste in den Ort. Ein älterer Mann aus einem Nachbardorf beschrieb das so: „Goah ik bi us in ne Kneipe, dann säggt de Löe: Kumm Heine, giff eenen ut! – Komm ik in Lünne, dann säggt de Löe: Kumm Heine, sett di bi us bi, wi drinkt enen.“ (Geh ich bei uns in die Wirtschaft, dann sagen die Leute: komm Heine, gib mal einen aus. Komm ich in Lünne in die Kneipe, dann sagen die Leute: Heine, setzt Dich zu uns, wir trinken einen“. Na dann willkommen in Lünne!