Dorfgasthöfe in Salzbergen

Stätten der Begegnung

Ansichtskarte von Salzbergen aus dem Jahr 1914

Bis zum Bau der Eisenbahn und der Gründung der Erdölraffinerie war Salzbergen nur ein kleines Dorf mit ein paar Krämerläden samt Ausschank rings um die Kirche. Doch ….

Blick in die Bahnhofstraße mit dem alten Gasthof Lau (rechts)

mit der Einwohnerzahl stieg auch der Durst und auf dem kurzen Stück zwischen Dorf und Bahnhof siedelten sich mehrere Gasthöfe an. Das haben Michael Merscher und Andreas Eiynck vor Ort mit Unterstützung von Inge und Hermann Kittel herausgefunden. Auf insgesamt 16 Gaststätten in der kleinen Gemeinde sind sie dabei gekommen. Ob der große Durst mit den kratzigen Kehlen durch die früher bisweilen recht intensiven Rauchfahnen des Ölwerks zusammenhing, konnte nicht geklärt werden.

Speisezimmer im Hotel Overhues am Kirchplatz

Doch beginnen wir mit dem ältesten Gasthof des Dorfes, dem Hotel Overhues, in einem großen Gebäude direkt am Kirchplatz gelegen. In diesem 1653 erbauten Wirtshaus betrieb im 18. Jahrhundert die Familie Hinterding einen Gasthof. Er war noch im 19. Jahrhundert unter den Familien Overhues und später Osterland das „erste Haus am Platze“. Hier stieg sogar König Georg von Hannover ab, als er 1861 das Emsland und die Grafschaft Bentheim besuchte. Aufwändig dekorierte Gasträume und gepflegte Gartenanlagen mitten im Dorf waren ein Markenzeichen dieses gutbürgerlichen Hauses. Das Hotelgebäude überstand den Zweiten Weltkrieg, diente aber später als Lebensmittelmarkt und wurde im Zuge der Ortskernsanierung in den 70er-Jahren abgebrochen.

Zwischen Kirchplatz und Emsstraße stand die Gaststätte Hecker, die auch den Namen „Ratskrug“ trug, denn außer der Gaststätte und einer Manufakturwarenhandlung mit Betten und Textilien befanden sich dort auch das Gemeindebüro und das Standesamt. Später bezog das Cafe Hilbers die Räumlichkeiten und heute befinden sich dort die Bäckerei und das Café Sundag.

Der alte Gasthof Möller-Lammen in der Emsstraße

Nur wenige Schritte weiter stand in der Emsstraße die Bäckerei und Gastwirtschaft Möller-Lammen. Die Geschichte dieser Gaststätte reicht unter dem Namen Lammen bis in die Zeit um 1700 zurück. Später wurde das Lokal von Josef Schroer fortgeführt. Heute befindet sich an dieser Stelle ein K&K-Markt.

Der Gasthof Möller-Lau in der Bahnhofstraße in den 50er-Jahren

Mitten im Dorf an der Bahnhofstraße lag seit etwa 1860 der Gasthof Lau, später Möller-Lau oder „Alt-Salzbergen“. Er bildete einen beliebten Treffpunkt der „Paohlbörger“ des Ortes und auch hier war die Schankwirtschaft mit einer Bäckerei und einer Kolonialwarenhandlung verbunden.

Vor dem alten Gasthaus Schütte in der Nähe des Bahnhofs, um 1890

Direkt an den Gleisanlagen siedelte sich nach dem Eisenbahnbau das Gasthaus Schütte an, dessen stattliches Gebäude heute als Familienzentrum dient. Es war ebenfalls mit einer Bäckerei kombiniert und der größte Saalbetrieb des Ortes. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Gasthof zu einem Hotel ausgebaut. Spätere Inhaber waren Bönnemann und Szendeleit.

Der Gasthof Meyer auf einer Ansichtskarte aus dem Jahre 1901

Jenseits der Gleisanlagen an der Lindenstraße entstand die Wirtschaft von Karl Meyer, die auch als Bahnhofshotel bekannt war. Düngemittel, Drogerieartikel und Kolonialwaren konnte man bei Meyer im Kaufhaus erwerben. Später führte die Familie Schute diese Gaststätte unter dem Namen „Zum Dortmunder Eck“.

Das alte Gasthaus Bolte in der Bahnhofstraße

Schon vor 1900 kam noch ein weiteres Lokal an der Bahnhofstraße hinzu: das bis heute bestehende Hotel Bolte. Es stand damals allerdings noch an der gegenüberliegenden Straßenseite. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die kleine Schankwirtschaft erweitert um eine Bäckerei mit Kolonialwarenhandlung. Im Rahmen der Ortskernsanierung wurde das alte Hotel abgebrochen und schräg gegenüber ein Neubau errichtet, der vor einigen Jahren noch einmal modernisiert wurde und jetzt einen Blickfang im neu gestalteten Mittelpunkt des Ortes bildet.

Die Gartenwirtschaft Vehring an der Ems vor dem Ersten Weltkrieg

An der Emsbrücke bei Vehring entstand schon um 1900 eine weitere Gaststätte mit einer malerischen Gartenwirtschaft an der Ems, die bis heute besteht. In der Bauerschaft Steide am alten Postweg von Rheine nach Bentheim hatte der Freiherr von Twickel 1850 eine kleine Gaststätte errichtet, die unter dem inoffiziellen Namen „Steider Heck“ weithin bekannt wurde. Pächter waren im 19. Jahrhundert mit Familien Hülsmann und Depmann, später August Stover.

Die Gaststätte Vehring entwickelte sich zum einem stattlichen Hotel mit Saalbetrieb

Nach der starken Zerstörung des Dorfes im Zweiten Weltkrieg wurden die ausgebombten Gaststätten rasch wieder aufgebaut. Der Gasthof Möller-Lau wurde als „Alt-Salzbergen“ neu errichtet. Später Erwarb der Wirt Richard Mahl das Anwesen, das heute neben einer Zimmervermietung das griechische Restaurant Nostima beherbergt. Mit der wachsenden Einwohnerzahl kamen damals weitere Gaststätten hinzu, etwa Lammers am Drosselweg und die „Postklause“ von Elfriede Szendeleit in der Poststraße. An der Bahnhofstraße eröffnete die Familie Puls eine Gastwirtschaft, die später von Agnes van der Ahe fortgeführt wurde. Der Gasthof Vehring an der Emsbrücke mauserte sich in den 60er-Jahren zu einem großzügig angelegten Hotel mit einem Saalbetrieb für bis zu 400 Personen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden auch in den umliegenden Bauerschaften neue Wohngebiete und weitere Gasthöfe. In Holsten waren dies die Gastwirtschaft Hasken, genannt „Zum Königskrug“, und die bis heute bestehende Gaststätte Warburg. 2020 erwarb Simon von der Haar diese typische Dorfkneipe und führt sie hoffentlich noch lange fort. An der Steider Straße öffnete in den 50er-Jahren unter dem klingenden Namen „Zum Salzbergener Hof“ die Gaststätte Kopel, später Willemsen. Sie ist heute längst Geschichte.

Eine neue Ära der Salzbergener Gastronomie läutete in den 70er-Jahren die Discothek „top ten“ direkt gegenüber der Kirche ein. Bekannter wurde dieses Lokal in den folgenden Jahrzehnten unter dem kultigen Namen „Geier Walli“.

Fast hätten wir’s vergessen: An der vielbefahrenen Hauptstraße nach Schüttorf siedelte sich weit außerhalb des Dorfes in den 50er Jahren eine weitere Gaststätte an, die von der Familie Krajewski als gutbürgerliches Haus geführt wurde. Seit Ende der 70er-Jahre setzte der Pächter Skibbe das Lokal fort. Später zog hier das sogenannte „Haus der Begegnung“ ein: die Bar Butterfly. Doch während draußen auf der Straße Tag und Nacht die Autos vorbeirauschen, ruht hier dank Corona derzeit jeglicher Verkehr.