Schönheit, Anmut, Preußen

8. Dezember 2020

Die „Prinzessinnengruppe“ aus Porzellan im Emslandmuseunm

Die Grafschaft Lingen stand in ihrer langen Geschichte und vielen fremden Herren. Die Habsburger und die Niederländer, Spanier und Oranier regierten das Land. Aber die längste Zeit gehörte die Grafschaft Lingen zum

Die Prinzessinnengruppe im Emslandmuseum

Königreich Preußen, nämlich von 1702 bis 1806 sowie von 1866 bis 1945. Das sind über 150 Jahre und damit gehörte Lingen immerhin doppelt so lange zu Preußen wie bislang zur Bundesrepublik Deutschland.

Man muss Preußen nicht mögen und dem 1945 von den Alliierten aufgelösten früheren deutschen Bundesstaat keine Tränen nachweinen. Doch ein wichtiger Faktor in der deutschen Geschichte war Preußen zweifellos. Bekannt war das Königreich für Militarismus und Untertanengeist, weniger für Kunst und Kultur. Doch auch Karl Friedrich Schinkel und Theodor Fontane, Käthe Kollwitz und Max Liebermann, Heinrich Heine und Wolfgang Borchert besaßen einen preußischen Pass.

Zu den berühmtesten Bildhauern in Preußen gehörte zweifellos Johann Gottfried Schadow (1764-1850). Sein bekanntestes Werk ist die Figurengruppe der „Prinzessinnen Luise und Friederike“ von Mecklenburg-Strelitz aus dem Jahr 1795. Luise hatte 1793 den preußischen Kronprinzen und späteren König Friedrich Willhelm III. geheiratet und zwei Tage später vermählte sich ihre Schwester Friederike mit Prinz Louis von Preußen. Sozusagen zwei doppelte Geschwisterehen.

Entsprechend dem damaligen Zeitgeist stellt Schadow die beiden jungen Damen in der Kleidung griechischer Göttinnen dar. Doch die Anmut und das Empfinden der beiden Frauen unterscheidet sich von der griechischen Kunst und weist damit über die bloße Kopie antiker Vorbilder hinaus.

Über die Entstehung und die Rezeption des Kunstwerks könnte man vieles berichten. Nachlesen kann man es z.B. hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Prinzessinnengruppe

Fast gleichzeitig mit der Vollendung des Bildwerks wurden in der Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM) die ersten verkleinerten Kopien aus Porzellan hergestellt. Sie wurden zu einem Erfolgsmodell.

Die Skulptur der beiden Prinzessinnen war im 19. und 20. Jahrhundert überaus populär und Kopien unterschiedlichster Art und Qualität fanden weite Verbreitung. Die Darstellung der beiden Damen in Porzellan oder Gips, Kunststoff oder Schokolade bildet außerdem ein beliebtes Berlin-Souvenir. Sie erschien 2018 auf einer Briefmarke und findet sich mittlerweile sogar auf der Homepage eines Schönheitschirurgen in Magdeburg. Schönheit kennt eben keine Grenzen, offenbar auch eine geschmacklichen.

Auch das Emslandmuseum besitzt eine Porzellanfigur der Prinzessinnengruppe, die es vor einigen Jahren aus einem Nachlass erhielt. Über die künstlerische Ausstrahlung des berühmten Kunstwerks hinaus steht die Prinzessinnengruppe im Museum aber auf für die Rolle der Frau in der Geschichte – nicht nur in Preußen.