Freie Fahrt für den Autoverkehr

Straßenbau und Straßenwärter

Straßenbau um 1910 mit Pferdegespann und Dampfwalze

Vor hundert Jahren gab es im Emsland nur wenige befestigte Straßen, die sogenannten Chausseen, die mit Steinen gepflastert waren. Sie verbanden die Städte und

Ländlicher Wegebau in „Hand- und Spanndiensten“

Hauptorte mit dem überregionalen Straßennetz. Schwankende Holzbrücken führten über die Ems und die kleineren Flüsse. An vielen Stellen gab es statt einer Brücke nur eine Fähre. Für den Autoverkehr waren solche Straßenverhältnisse jedenfalls nicht geeignet.

Eine wichtige Aufgabe war damals der Bau neuer Brücken. 1907 ersetzte in Lingen eine moderne Stahlbrücke über die Ems die alte Holzbrücke von 1824. 1905 entstand in Wachendorf die erste Betonbrücke über den Fluss. Sie bildete gleichzeitig den Ausgangspunkt für die geplante Süd-Nord-Straße durch die damals noch unerschlossenen Moorgebiete zwischen der Ems und der holländischen Grenze.

Typische Landstraße im Emsland in den 20er-Jahren

Der Zustand der meisten Straßen musste für den Autoverkehr grundlegend verbessert werden. Straßenbeleuchtung und Fahrbahnmarkierungen kannte man bis dahin nicht. Die Straßen waren noch für Pferdewagen geplant, die nur tagsüber verkehrten. Schlaglöcher störten die Pferde nicht oder wurden umfahren. Mit einem schnellen Auto war das unmöglich. Auch auf Sandwegen kam man mit Autos schlecht voran. Straßen mit Kopfsteinpflaster waren für den Autoverkehr geeignet. Es ruckelte nur stärker als auf einer heutigen Asphaltfahrbahn. Aber man hatte ja auch noch nicht die heutigen Geschwindigkeiten.

Die Packlage unter der Fahrbahn bestand auf ausgebauten Straßen meist aus zerkleinerten Granitsteinen, die von den Bauern aufgesammelt und an den Straßenbau verkauft wurden. Mancher markante Findling und sogar manches Großsteingrab wurden für den Straßenbau zertrümmert. Der „Steineklopper“ war das Symbol für einen ganzen Berufsstand.

Straßenbau bei Lingen in Handarbeit und mit Dampfwalze, um 1900

War das Straßenpflaster mühsam eingebaut, dann wurde es mit einer Dampfwalze verdichtet. Mit dem Aufkommen von Walzasphalt nach dem Ersten Weltkrieg wurden diese Baumaschinen unerlässlich. Die tonnenschweren, fauchenden Ungetüme galten in den 20er-Jahren als Wunderwerke der Technik. Wo sie zum Einsatz kamen, stellte sich sofort die Dorfjungend und zahlreiche Schaulustige ein.

Dampfwalze mit Anhänger und Wohnwagen,um 1925

Aus dem Beruf des Straßenpflasterers wurde der Beruf des Straßenbauers. Und das hieß: unterwegs sein. Oft wochenlang, denn für eine tägliche Rückkehr nach Hause waren die Wege meist zu weit. So gehörten zu jeder Baustelle auch Wohnwagen, in denen manchmal sogar die Familien der Arbeit wohnten.

Straßen müssen aber nicht nur gebaut, sondern auch gepflegt werden. Hierzu entstand der neue Beruf des Straßenwärters. Im Emsland nannte man ihn scherzhaften „Stroatenklütker“, weil er die Schlaglöcher und Unebenheitenmit Erdkluten verfüllte. Zuständig war er auch für die Straßenmarkierungen, die Beschilderungen und die Pflege der Seitenstreifen.