Emsland-Holzschuhland

Ein Besuch „In der größten deutschen Holzschuhfabrik“ in Freren 1946

Holzschuhproduktion in der Nachkriegszeit

Der Holzschuh war im Emsland ein traditionelles Kleidungsstück. Preiswert und robust diente er besonders der Landbevölkerung als bewährte Fußbekleidung. Doch schon

Generatorraum in der Molkerei und Holzschuhfabrik Brüne

vor dem Ersten Weltkrieg ging der Bedarf zurück, denn die Schuhindustrie brachte preiswerte Lederschuhe auf den Markt, die – außer dem Garten und auf dem Feld – einfach bequemer und praktischer waren. In vielen Industriebetrieben und auch auf Baustellen blieb der formstabile Holzschuh allerdings als Sicherheitsschuh weiter in Gebrauch.

Im Ersten Weltkrieg erlebt der Holzschuh aufgrund der Materialknappheit ein erstes Revival, aber noch immer wurden die „Klompen“ in Handarbeit angefertigt. In den 1920-er Jahren entwickelte die Firma Jürgens in Emsdetten eine Kopiermaschine, mit der Holzschuhe maschinell hergestellt werden konnten. Das ging schneller und billiger. Die meisten handwerklichen Holzschuhmacher konnten nur einpacken und die Produktion konzentrierte sich rasch auf immer weniger Betriebe, die wegen ihrer Größe und ihres Maschinenparks nun „Holzschuhfabriken“ genannt wurden, obwohl sie selten mehr als ein Dutzend Mitarbeiter zählten. Einer dieser Betriebe war die Firma Brüne, die in Freren nicht nur eine Molkerei, sondern auch eine Werkzeugstiel- und Holzschuhfabrik betrieb.

Im Zweiten Weltkrieg stieg der Bedarf an Holzschuhen wieder stark an. Das Leder wurde zu Soldatenstiefeln verarbeitet, anderes Schuhmaterial geriet zur Mangelware. Bald waren es nicht mehr nur Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge, die man in einfachen Holzpantinen laufen sah. Mancher Holzschuhmacher holte damals sein Werkzeug wieder hervor, denn viele Leute waren nun froh, wenn sie überhaupt ein Paar Schuhe bekommen konnten. So erlebte das Holzschuhmacherhandwerk einen aus der Not geborenen Aufschwung.

Nach Kriegsende gehörten die kleinen Holzschuhfabriken zu den ersten Betrieben, die ihre Arbeit wieder aufnehmen konnten. Holz als einheimisches Material war überall vorhanden und wenn der Strom noch nicht wieder lief, konnte man Holzschuhe zur Not auch in Handarbeit produzieren. Außerdem war klar, dass an Lederschuhwerk für breite Verbraucherschichten bis auf Weiteres nicht wieder zu denken war.

Am 3. Mai 1946 berichtete die „Osnabrücker Rundschau“ unter dem Motto „Emsland-Holzschuhland“ über einen Besuch in der Holzschuhfabrik Brüne in Freren, die in dem Artikel als „größte deutsche Holzschuhfabrik“ bezeichnet wird.

„In Nordwestdeutschland und besonders im Emsland ist der Holzschuh seit Jahrzehnten die populärste Fußbekleidung. Er wird von alt und jung, Mann und Frau, bei der Arbeit auf dem Felde, in den Fabriken und Gehöften getragen und ist aus dem Bilde des Emslandes nicht mehr hinwegzudenken. Die Vorteile des Holzschuhes haben sich vor allem in chemischen Fabriken und, in besonderer Ausführung, bei der Torfgewinnung bemerkbar gemacht.

Ein Besuch in der größten Holzschuhfabrik Deutschlands, bei Brüne in Freren, gewährt Einblick in die Herstellung und Verarbeitung der Holzschuhe. Das Erlen-, Pappel-, Birken- oder Weidenholz wird in Kappsägen zu maßgerechten Klötzen geschnitten und in Kopiermaschinen, durch eiserne Führungsmodelle geleitet, ausgefräst. Bohrmaschinen höhlen die Formen aus, und das Nachputzen, Schleifen und Lederaufsetzen beenden den Arbeitsvorgang.

Seit etwa 35 Jahren produziert die Firma, neben einem Mühlen-, Ölmühlen- und Molkereibetrieb, Holzschuhe und Holzsohlen. Eigene elektrische Kraftanlagen, die aus Abfallresten des Holzes betrieben werden, versorgen das Werk mit der nötigen Energie.

Die jahrzehntelange Erfahrung ergab, daß dieses gute, trockene und warme Schuhwerkzeug nicht nur rentabel, sondern auch äußerst billig und beständig ist. Bei einer 1 ½ monatigen Lebensdauer etwa kostet dieses Schuhwerkzeug ungefähr 1 bis 2 Pfennig pro Tag.

Die Holzschuhe, die in verschiedenen Größen hergestellt werden, wandern zum großen Teil in die Eisengießereien des Ruhrgebietes und auch zur Landwirtschaft im nordwestdeutschen Raum. Bei einer Leistungsfähigkeit von 1000 Paar könnten normalerweise durchschnittlich 500 bis 600 Paar Holzschuhe hergestellt werden.“

Ob Brüne damals wirklich die größte Holzschuhfabrik in Deutschland war, darf bezweifelt werden. In einigen Dörfern im Münsterland gab es weit größere Produktionsbetriebe, die damals eine letzte Blütezeit erlebten. Mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage ging der Bedarf an Holzschuhen dann in den 50er Jahren schon deutlich zurück. Heute gibt es im gesamten Emsland keinen Holzschuhmacherbetrieb und keine professionellen Holzschuhmacher mehr. Auch dieses traditionsreiche Handwerk hat sich eingereiht unter die ausgestorbenen Berufe. Nur im Münsterland und in den Niederlanden gibt es noch einige wenige Holzschuhfabriken, in denen mit modernen Maschinen Holzschuhe gefräst werden.

Stiefelholzschuhe für die Arbeit im Emslandmoor