Erntedank in der NS-Zeit

Brauchtum unterm Hakenkreuz

Umzug mit Erntekrone beim Erntedankfest 1933 in Langen

Die Erntezeit war und ist im ländlichen Raum alljährlich ein besonderes Ereignis, bei dem nach Wochen schwerer Arbeit am Ende für eine gute Ernte nicht nur gedankt, sondern …

Kundgebung beim Kreiserntedankfest 1937 in den Schepsdorfer Emswiesen

auch tüchtig gefeiert wird. So entstand das Erntedankfest, das in den christlichen Kirchen eine lange Tradition hat. Ab 1933 nutzten aber auch die Nationalsozialisten diesen Anlass für ihre Propaganda, um damit die Landbevölkerung für ihre Ideologie von „Blut und Boden“ zu gewinnen.

Aufzug beim Reichserntedankfest auf dem Bückeberg

Die Reichsbauernschaft organisierte mehrfach eine zentrale Erntedankfeier, das sogenannte „Reichserntedankfest“, auf dem Bückeberg bei Hameln. Dabei begrüßten Hitler und andere NS-Größen hunderttausende von Teilnehmern und Gästen. Delegationen aus dem ganzen Deutschen Reich erschienen dort; häufig gekleidet in historische Bauerntrachten und ausgerüstet mit entsprechender Requisite.

Propagandapostkarte vom Reichserntedankfest auf dem Bückeberg 1937

Die Kundgebungen am Bückeberg zählten zu den größten und populärsten Propagandaaktionen des NS-Staates. Auch viele Landbewohner, die keine überzeugten Nationalsozialisten waren, ließen sich durch diese Großveranstaltungen begeistern.

Bald entstand die Idee, auch auf regionaler und örtlicher Ebene entsprechende Feiern zu organisieren. In vielen Dörfern und Bauerschaften fanden zum Erntedank nun organisierte Feiern und Festumzüge statt, bei denen auch Trachtengruppen und Mottowagen mit Motiven aus dem bäuerlichen Leben auffuhren. Beliebte Szenen waren die Spinnstube und die Webkammer, Brautwagen und Hochzeitsgruppen sowie Erntewagen und andere landwirtschaftliche Geräte.

Bereits 1933 fand das erste große Erntedankfest für den Kreis Lingen in Langen statt und 1937 folgte ein Kreiserntedankfest in Schepsdorf. Ein großer Festumzug startete damals in der Lingener Innenstadt und führte über die gerade neu erbaute Kanalbrücke zu den Emswiesen in Schepsdorf, wo eine Kundgebung und die große Abschlussfeier stattfanden. Höhepunkt des Festumzuges war eine Hochzeitsgesellschaft mit Brautpaar und Hochtiedsnöger, Aussteuerwagen und weiteren Kutschen sowie zahlreichen Hochzeitsgästen in Trachten und historischen Kostümen.

Selbstverständliche traten auch die Parteigrößen als Redner bei der Abschlussveranstaltung auf, doch neben den zahlreichen Hakenkreuzfahnen prangte über der Tribüne in Schepsdorf unübersehbar ein großes Kreuz über dem Festplatz.