Lingener Wäschefabrik – Lingia-Wäsche – Lincron

Alle 30 Sekunden ein Oberhemd aus Lingen

Die Näherei in den Räumen der früheren Hüttenplatzschule Anfang der 50er-Jahre

Auf dem Großbildschirm in der neuen Dauerausstellung des Emslandmuseum erkannte Ruth Dall ihre 1986 verstorbene Mutter Inge Geber, geborene Beinkämpen, sofort. Zu sehen ist sie dort auf einem Foto aus den 50er-Jahren als Modell für …

Inge Geber, geb. Beinkämpen, stellt die ‚Lingener Kronen-Wäsche“ vor

die „Lingener Kronenwäsche“. Ein paar weitere Fotos aus der Lingener Wäschefabrik stellte Frau Dall ebenfalls zur Verfügung. Anlass genug, hier einmal näher auf diesen früheren Großbetrieb in Lingen einzugehen.

Am 31. Dezember 1945 gründeten die beiden „Lingener Jungen“ Bernhard Merswolke (1907-1976) und Hans Veer (1910-1975), die bis dahin in leitender Stellung bei Nino in Nordhorn tätig waren, die „Lingener Bekleidungswerke“. Die erste Näherei mit 25 Beschäftigen befand sich in der „Greisschen Mühle“ an der Rheiner Straße. Mit gebrauchten Haushaltsnähmaschinen und in Nordhorn beschafften Stoffen begann die Produktion von Kleidern und Blusen.

1948 gelang es, in der frühere „Hüttenplatzschule“ an der Schwedenschanze weitere Nähwerkstätten einzurichten. Denn in der Greisschen Mühle waren mittlerweile schon 80 Näherinnen tätig und der Betrieb platzte buchstäblich aus allen Nähten. Die neue Fabrikationsstätte firmierte unter „Lingener Textilwerke“ und zählte Anfang 1950 schon 200 Beschäftigte. 17 Handelsvertreter sorgten für den bundesweiten Absatz der Ware unter dem Label „Lingener Kronen Wäsche“.

Die Presse meldete damal: „Alle 30 Sekunden ein Oberhemd“. Hergestellt wurden neben Damen- und Herrenwäsche auch Strickwaren, Strampelhosen und Kinderwäsche. In den umgebauten Räumen der Hüttenplatzschule konnte in Fließbandfertigung produziert werden. Dies beschleunigte die Produktion und sparte Geld. 1951 war der Personalbestand der „Lingener Textilwerke“ bereits auf 350 Beschäftigte angewachsen, zumeist Frauen, die Herrenoberhemden, Damenblusen, Schlafanzüge und Nachthemden produzierten.

An eine Ausweitung der Produktion war in den beengten Räumlichkeiten allerdings nicht zu denken. Nach einer Zwischenlösung in Gebäuden der Ling1ener Kaserne entschied man sich für den Neubau einer Fabrikanlage an der Waldstraße. Die Architekten Heino Deeken und Dipl.Ing. Helmut Liebert entwarfen eine moderne Produktionshalle, die mit einer Länge von 65 Metern bei einer Breite von 24 Metern ohne jegliche Innenstützen auskam.

Für die neue Fabrik wurde 1953 auch eine neue Firma gegründet, die „Lingia-Wäschefabrik“, den Vorläufer der späteren Dachmarke „Lincron“, die rasch bundesweite Bekanntheit erlangte.

Im Juli 1953 liefen die Fließbänder an der Waldstraße an. Dort entstanden 300 neue Arbeitsplätze und die Gesamtbelegschaft umfasste nun 800 Personen. Täglich verließen 4000 bis 5000 Artikel, hauptsächlich Sport- und Oberhemden, fertig verpackt die neue Fabrik.

Auch Ruth Dalls Vater Hans Geber arbeitete bei der Wäschefabrik. Die Eltern lernten sich dort am Arbeitsplatz kennen. Es war aber sicherlich nicht die einzige Verbindung, die damals in diesem einstigen Lingener Großbetrieb entstand.