Winter im alten Emsland

Schnee und Frost oft wochenlang

Der Lingener Architekt Hans Lühn mit seinem Auto auf der zugefrorenen Ems in Hanekenfähr, März 1929

Alle fragen sich: wo bleibt der Schnee? Doch der Klimawandel lässt die Winter immer wärmer werden und im Emsland ist Schnee heute fast schon

Schneeballschlacht in Holzschuhen

eine Besonderheit. Wie es früher in einem frostigen und hochverschneiten Winter zuging, das schildert unsere Fotos aus dem Bildarchiv des Emslandmuseums.

Der zugefrorene Kanal am „Nassen Dreieck“ in Lingen, Winter 1928/29

Vor zwei, drei Generationen waren kalte Winter mit wochenlangen Frostperioden und hohem Schnee noch an der Tagesordnung. Besonders in Erinnerung blieb allen, die es miterlebt haben, der Jahrhundertwinter 1929, aber auch die strengen Winter in der Nachkriegszeit und das Schneechaos 1978.

Die meisten Häuser hatten bis in die 60er-Jahre noch keine Zentralheizung und die Häuser waren nicht gegen Kälte isoliert. An den Fensterscheiben blühten an frostigen Tagen die Eisblumen und an den Zimmerdecken glitzerte der Raureif – drinnen wohlbemerkt.

Besonders schlimm war es auf dem, wenn bei anhaltendem Frost die Brunnen und die Erdmieten mit dem Viehfutter einfroren. Wo man schon Wasserleitungen hatte, platzten bei starkem Frost häufig die Wasserrohre. Die Brunnen taute man mit heißem Wasser wieder auf, um die Tiere im Stall tränken zu können. In den verfrorenen Erdmieten für Rüben und Kartoffeln halfen nur Hacke und Spaten.

Der zugefrorene Kanal in Lingen, 1915

Der Kanal, die Ems und selbst die Emswehre froren in langen Frostperioden zu. Dann ruhte die Schifffahrt und die Strecke von Lingen bis Hanekenfähr diente als riesige Eisbahn. Auch die überschwemmten Wiesen entlang der Aa und kleinerer Bäche bildeten bei Frost weitläufige Eisflächen für die Schlittschuhfahrer.

Nun war auch der richtige Zeitpunkt gekommen, aus der dicken Eisschicht große Blöcke auszusägen. Diese lagerte man in tiefen Eiskellern ein, um sie im Sommer als Kühlung für kalte Getränke zu benutzen.

Wenn nach einer Frostperiode das Tauwetter einsetzte, schwollen die Flüsse rasch an. Besonders gefährlich waren dann die treibenden Eisschollen auf der Ems. Sie beschädigten Bootsstege und die Pfeiler der zumeist noch aus Holz gebauten Brücken. Auch der Fährbetrieb musste dann wegen der Kollisionsgefahr mit den Eisschollen eingestellt werden.

Gefürchtet waren Eisregen und Glatteise, denn sie machten Straßen und Wegen unpassierbar. Vor den Dorfschmieden bildeten sich dann lange Schlangen, weil jeder seinen Pferden noch Wintereisen unter die Hufe nageln lassen wollte.

Hoher Schnee und vor allem die berüchtigten Schneewehen brachten den Verkehr mit Autos und Kutschen zum Stillstand. Fahrzeuge blieben in den Schneeverwehungen stecken und manche Dörfer waren tagelang von der Außenwelt abgeschnitten oder nur mit Schlitten erreichbar. Nicht wenige Kutscher erfroren in der eisigen Kälte oder bekamen Frostbeulen an Nase und Ohren, Händen und Füßen. Nur die Eisenbahn mit den fauchenden Dampfloks kam früher auch im Winter meistens pünktlich durch, denn unter der Eislast gerissene Oberleitungen kannte man damals noch nicht.

Für die Kinder bot der Schnee eine willkommene Abwechslung. Schneemänner bauen, „Adler“ in den Schnee drücken und natürlich die obligatorischen Schneeballschlachten bildeten das übliche Programm. Rodeln war im flachen Emsland allerdings nur an wenigen Stellen möglich und Skifahren unmöglich. Dafür liebten Alt und Jung auf dem Lande eine Schlittenfahrt mit einem vorgespannten Pferd als besondere Winterfreude.