„Ein guter Wirt trinkt nur jeden Zweiten mit“

Gasthöfe und geheime Treffs in und um Bawinkel

Bawinkel mit der alten Gaststätte Mönch, rechts die hölzerne Kegelbahn (Gemälde von Karl Schmauser, Privatbesitz)

Es gibt sie noch in Bawinkel, die kultige Tageskneipe, in der jeder Gast seinen Stammplatz hat und jeder jeden kennt. Es ist …

der „Kleine Krug“ an der Lengericher Straße 36, wo Wirt Hermann Kock, unterstützt von seinem Bruder Reinfried, die Gäste mit ausgewählten Getränken regionaler Herkunft bei Laune hält. Dort startete die Forschungsreise auf den gastronomischen Spuren des Ortes, bei der Bürgermeister Adolf Böcker und Piet Langels das Team des Emslandmuseums tatkräftig unterstützen.

Der „Kleine Krug“ vor 1959 mit Wirtshausschild über der Haustür

Früher glich der „Krug“ auf den ersten Blick noch einem kleinen Bauernhaus. Nur die großen Fenster und das Schild über der Haustür und ein Reklameschild mit dem Rolinck-Männchen machten das Haus als Wirtschaft kenntlich. 1959 wurde das heutige Gasthaus mit dem gemütlichen Schankraum errichtet.

In der alten Gaststätte Kock (rechts) wurde 1907 auch der Schützenverein Bawinkel gegründet

Das Dorf Bawinkel liegt an der „Flämischen Straße“ von Flandern über Lingen nach Norddeutschland, die heutige Hauptstraße B 213. Daher ist es ziemlich sicher, dass hier schon in alter Zeit ein Gasthaus für die Reisenden bereitstanden. Vermutlich war dies die spätere Gastwirtschaft Kock. Das direkt an der Hauptstraße gelegene Lokal durfte sich seit dem 19. Jahrhundert sogar Hotel nennen. Es galt über viele Jahrzehnte als das erste Haus am Platze, verfügte über einen großen Saal und Kegelbahnen. Nach dem Ende der Ära Kock wurde das Anwesen von einem auswärtigen Wirt unter dem Namen „Platzhirsch“ fortgeführt und brannte schließlich, wie so manche Kneipe, unter ungeklärten Umständen nieder.

In der Nähe des Gasthauses Schulte stand bis 1906 die alte Bawinkeler Fachwerkkirche

Im 18. Jahrhundert wurde am heutigen Marktplatz in Bawinkel eine katholische Fachwerkkirche errichtet, um die herum sich gleich mehrere Gastwirtschaften ansiedelten. Da war zunächst der Gasthof Rotermann, verbunden mit einer Bäckerei und einer Lebensmittelhandlung. Direkt daneben stand die Gaststätte Schulte, genannt die „Haifischbar“. Schulte war eigentlich Schneider und führte ein Textilgeschäft, aber auch eine Gaststätte, in der vorzugsweise die Bauern aus Groß Bawinkel einkehrten. Wegen seiner Lage direkt neben der Schule verkaufte Schulte auch Schreibwaren und sein Laden war ein beliebter Schülertreff. Als Sensation galt hier in den 60er-Jahren die Softeismaschine. Hinter Schulte und Rotermann befand sich die Gastwirtschaft Unkenholz, ebenfalls mit Bäckerei, die direkt an der alten Kirche stand. Etwas weiter lag die Gaststätte Niehoff, verbunden mit einem Textil- und Lebensmittelgeschäft. Später übernahm der Frisör König das Lokal und eröffnete nebenan einen Frisiersalon. Der Gaststättenbetrieb wurde schließlich eingestellt.

Das frühere Gasthaus Mönch (Mitte) vor der neuen Kirche von 1906, rechts die Kegelbahn

1906 entstand direkt an der Hauptstraße die neue Kirche für das Kirchspiel Bawinkel. Seitlich davon befand sich ein altes Fachwerkhaus mit der Gaststätte Mönch. Die zugehörige Holzkegelbahn lag an der anderen Straßenseite. Auch der Gasthof Wintermann, später Krietenbrink, heute Schlehenvogt, hatte hier seinen Standort. Dieses Gasthaus stand über Überlieferung nach genau auf der Grenze zwischen den alten Bauerschaften Plankorth und Bawinkel. Hier trafen sich sonntags die Kirchgänger aus Bramhaar-Meppen, die kirchlich zu Bawinkel gehörten. Die Frauen bekamen hier ihren Kaffee und die Männer saßen an der Theke. Oben im Gebäude gab es einen Saal mit hölzernem Tanzboden, der wegen der enormen Geräuschentwicklung der „Klappersaal“ genannt wurde. Auch der Kolping hatte bei Wintermann sein Stammlokal.

Die alte Gaststätte Wintermann im Dorf

Auf der anderen Seite der Kirche hatte der Bäcker und Wirt Backmanns seine Gaststätte. Er versah außerdem das Küsteramt und führte einen Lebensmittelladen. Vor einigen Jahren wurde der Geschäftsbetrieb eingestellt.

An der Hauptstraße steht bis heute die alteingesessene Wirtschaft Müter, die mittlerweile vor allem für Veranstaltungen geöffnet ist und dafür über einen großen Saal verfügt. Dieser wurde 1978 in den Dielenteil des alten Hauses eingebaut. Opa Müter war ein umtriebiger Wirt. Er war zunächst Bürgermeister von Plankorth, wurde dann Bürgermeister der Samtgemeinde Bawinkel und schließlich sogar Samtgemeindebürgermeister von Lengerich. Außerdem war er noch Brandmeister bei der Feuerwehr und man sagte scherzhaft: er hat alle seine Ämter mit B bekommen. Müter war im Krieg Feldwebel gewesen und bei ihm saßen gerne die Bawinkeler Veteranen an der Theke. Um schon mal zu üben, trafen sich hier auch die jungen Rekruten nach ihrer Musterung.

Die Wirtschaft Tihen hatte ihr Domizil im Bahnhofsgebäude der Kleinbahn Lingen-Berge-Quakenbrück

Nicht der Flämischen Straße, sondern der Kleinbahn Lingen-Berge-Quakenbrück verdankte die Gaststätte Tihen an der Lingener Straße ihre Gründung. Tihen war zunächst Pächter des 1904 eröffneten Bahnhofslokals und baute in den 50er-Jahren ein paar Häuser weiter eine eigene Gaststätte. Ein weiterer Haltepunkt der Bahn in Plankorth befand sich bei der Gaststätte Achelwilm an der LIngener Straße. Nach einer Tochter des Hauses namens Hella wurde dieses Lokal landläufig die „Hellabar“ genannt.

Die Gaststätte Wigger, später Deupmann-Groene, in der Bauerschaft Groß-Bawinkel

In der Bauerschaft Groß-Bawinkel stand an der Lengericher Straße die Gaststätte Wigger, später Deupmann-Groene. Dort gab es tüchtige Wirte, denn bei der Flurbereinigung Bawinkel stellte man fest, dass Deupmann die meisten Grundstücke besaß. Es waren zumeist kleine Stücke Land – sogenannten „Suup-Pande“ (Sauf-Grundstücke), mit denen die Bauern ihre Zeche bezahlt hatten.

Ausgelassene Stimmung vor der Haustür der Gaststätte Wigger (Name im Oberlicht eingraviert)

Auch Duisenburg hatte einst eine eigene Gaststätte im Haus Pleus, heute Wilmer, am Eidechsenweg. Hier wurden auch die Schützenfeste gefeiert. Nach Aufgabe dieser Wirtschaft übernahm der Holzschuhmacher Brockhaus die Konzession und auch die Schützenfeste, die heute im stattlichen Dorfgemeinschaftshaus stattfinden.

Eine typische „Geheimkneipe“ hatten einst Gels am Duisenburg Diek, wo man Flaschenbier, Zigaretten und Süßigkeiten kaufen und auch vor Ort verzehren konnte. Ein weithin bekanntes Lokal in Duisenburg ist dagegen der Forellenhof in einem früheren Bauernhaus Niemann. Nach Aufgabe der Landwirtschaft legte dort der Opa als Hobby ein paar Teiche an. Der Schwieger Burke baute daraus eine Forellenzucht auf und gründete das bekannte Speiselokal.

Zu allen Zeiten gönnten sich fröhliche Zecher in Bawinkel ein Bier

In Corona-Zeiten sollen in Bawinkel mehrere sogenannte „Corona-Kneipen“ entstanden sein, eine mit dem Namen „Treffpunkt nach gesetzlicher Verordnung“. Auch an verschiedenen Teichhütten will man dem Vernehmen nach ungewohnte Aktivitäten beobachtet haben, gemäß dem Motto „Bekanntschaft trifft sich“.

Die Bawinkeler waren von alters her für ihre Geschäftstüchtigkeit bekannt. Vielleicht hängt das sogar mit der großen Kneipendichte zusammen, denn in Bawinkel heißt es bis heute: „Gehst Du in den Krug, wirst du klug. Gehst Du drum herum, bleibst Du dumm“. Na dann, nichts wie hin.