Mündung oder Schutz?

Was Münnigbüren bedeutet

Zu den schwierig zu erklärenden Ortsnamen im südlichen Emsland gehört eindeutig Münnigbüren bei Baccum.

Erstmals schriftlich erwähnt wird er im Corveyer Heberegister aus dem 11. Jahrhundert in der Form „Mundiburi“. Daraus wurde später „Mundigburen“ (1150) und „Muddenbure“ (1250) und schließlich Münnigbüren. Das Zweitglied der Zusammensetzung ist der Namenforschung nicht unbekannt: –buri. Es gehört zu altniederdeutsch bûri ‚Haus, Hütte‘. Das Wort bûri ist eine niederdeutsche Ableitung von altniederdeutsch bûr ‚Gemach, Wohnsitz‘, althochdeutsch bûr ‚Haus, Wohnung‘, altenglisch bûr ‚Hütte, Kammer‘ und altnordisch búr ‚Kammer, Stube, Vorratshaus‘. Wir kennen das Wort heute noch in Vogelbauer ‚Vogelkäfig‘ bzw. eigentlich ‚Vogelhaus‘. Auch das Wort Bauer, niederdeutsch Bûr für den ‚Landwirt‘ gehört dazu. Diese Berufsbezeichnung hat nämlich zunächst nichts mit „einen Acker bebauen“ zu tun, sondern mit bûan/bûwan ‚wohnen, angesessen sein‘. Ein Bauer ist also –wortgeschichtlich gesehen – der ‚Erbauer bzw. Bewohner eines Hauses, Hausbesitzer‘. Gleiches gilt für den Nachbarn, ursprünglich nahbûr oder nahgibûr, also jemand, der ‚nah wohnt‘, der in der Nähe ein Haus besitzt.

Schwieriger ist das Erstglied Mundi– zu erklären. Man könnte annehmen, dass es zu –münd oder –münden gehört, das oft in Ortsnamen erscheint und ‚Mündung‘ bedeutet. Im niederdeutschen Sprachraum trifft das allerdings nicht zu. Denn die Mündung heißt in Norddeutschland in alter Zeit –muthi. Dieses Wort kommt öfter in Ortsnamen vor: 830/890 erscheint „Stiuarnamuthi“, also die ‚Mündung der Stever‘, 1012/18 „Tongeremuthi“ ‚Mündung des Tangers‘, 1162 „Bilnemuthe“ ‚Mündung der Bille‘, 10. Jahrhundert „Lathamuthon“ ‚Mündung der Leda‘ und weitere. Das altniederdeutsche Wort mûth für den ‚Mund‘ oder die ‚Mündung‘ (vgl. englisch mouth) entstand dadurch, dass in den nordseegermanischen Sprachen, also dem Altenglischen, Altfriesischen und auch dem Altniederdeutschen, das n vor den Reibelauten s, f und th geschwunden ist. Der vorangehende Vokal (Selbstlaut) wurde dabei gedehnt. Dieser Vorgang erklärt auch den bis heute festzustellenden Unterschied zwischen niederdeutsch fief, englisch five und hochdeutsch fünf, niederdeutsch gôs, gaus, englisch goose, hochdeutsch Gans oder niederdeutsch us, englisch us und hochdeutsch uns. Allerdings hielt dieser Lautwandel beim Wort mûth nicht durch, denn im anschließenden Mittelniederdeutschen (1200 bis 1650) finden wir wieder die Form mund mit einem n. Für unser Mundi-, das schon im 11. Jahrhundert erscheint, kommt es daher nicht in Betracht.

Es kann daher nur ein Wort vorliegen, dass auch in dem altniederdeutschen Begriff mundiburdio ‚Schutz, Schutzherrschaft‘ vorliegt. Altniederdeutsch mund– meint also soviel wie ‚Schutz‘. „Mundiburi“ lässt sich also als ‚Schutz-Haus, Schutz-Hütte, Schutz-Ort‘ übersetzen. Ein Vergleichsbeispiel ist die mittelalterliche Mundburg (10. Jahrhundert: „MUNDBVRUC“) im heutigen Landkreis Gifhorn, die sich als ‚Schutzburg‘ erklären lässt.