Lingener Geschichte im Bild (42)

Heute geht es in der Geschichtsserie von EL-Kurier um eine historische Persönlichkeit, die zu Lebzeiten schon umstritten war: König Friedrich II. von Preußen, den manche anerkennend „Friedrich den Großen“ oder den „alten Fritz“ nennen. Jedenfalls war er von 1740 bis 1786 auch Landesherr der Grafschaft Lingen, die damit Anteil hatte an der Entwicklung Preußens zur Europäischen Großmacht.

Lingen bildete damals den Regierungssitz für die preußischen Grafschaften Lingen und Tecklenburg. Beide lagen weitab von den preußischen Stammlanden. Die nächstgelegenen preußischen Gebiete waren Ostfriesland, Minden-Ravensberg und Kleve am Niederrhein. Die Festung Lingen war längst geschleift und auch die Tecklenburg war strategisch für die Preußen wenig interessant. Selbst die allgemeine Wehrpflicht konnten sie in der Grafschaft Lingen nicht durchsetzbar, weil die Wehrpflichtigen jungen Männer in Scharen in die Niederlande und in das Münsterland flüchteten, wo die preußischen „Grieper“ sie nicht ergreifen konnten. So kam der König auf die Idee, seine Lingener Untertanen gegen eine hohe jährliche Geldzahlung von der Wehrpflicht zu befreien.
Ansonsten versuchte die Preußische Verwaltung mit einer Fülle von Regeln und Gesetzen in den Alltag und das Wirtschaftsleben ihrer Untertanen einzugreifen. Hierzu gehörte etwa die Feuerordnung von 1748, die den Brandschutz und die Brandbekämpfung in den Dörfern und Bauerschaften regelte. Die Gesindeordnung von 1753 legte die Rechte und Pflichten der Dienstboden fest. Sehr umfangreich war die 1755 erlassene Dorfordnung. Sie ordnete in 65 Abschnitten verschiedenste Lebensbereiche der Landbevölkerung. 1766 erließt der König eine Regierungsinstruktion zur Neuorganisation der Verwaltung in Lingen und 1768 eine örtliche Polizeiordnung. Die Feuer-Ordnung für die Stadt Lingen von 1776 regelte vorbeugende Maßnahmen und die Brandbekämpfung. Hintergrund war die immer dichtere Bebauung der Innenstadt sowie der Innenausbau vieler Häuser zu Wohnungen auf mehreren Etagen.
Viele Maßnahmen der Preußischen Regierung waren Reaktionen auf die im 18. Jahrhundert ständig wachsende Bevölkerungszahl. Besonders die einkommensschwachen Gruppen, die Heuerleute und Tagelöhner, nahmen rasch zu und brauchten neue Verdienstmöglichkeiten im gewerblichen Sektor. Hierzu bedurfte es im damals sehr strukturschwachen Emsland einer gezielten Wirtschaftsförderung in arbeitsintensiven Branchen, etwa dem Flachsanbau und der Leinenweberei. Sehr erfolgreich waren die Preußen mit allen diesen Maßnahmen allerdings nicht.
Ein preußischer Regierungsbeamter charakterisierte 1749 die Bewohner der Grafschaft Lingen folgendermaßen: „Die Leute leben wie die Holländer, sie lieben ein freies Wesen und kehren sich wenig an guter Ordnung. Die wehrpflichtigen jungen Männer entgehen der Werbung, der Militärpflicht in Preussen, indem sie sich für längere Zeit oder sogar für immer ins Ausland begeben, denn das Naturell der Leute neigt zur Freiheit und zum Handel und Wandel, aber als Soldaten taugen sie gar nicht…“.