Die Nordseite des Marktplatzes
Die Nordseite des Marktplatzes bildet mit ihren hohen Bürgerhausgiebeln die Skyline von Lingens guter Stube. Die Geschichte dieser über mehrere Jahrhunderte gewachsenen Häuserzeile erzählt unsere heutige Bilderserie.
In der Mitte des 17. Jahrhunderts gab es auf der Nordseite des Marktplatzes einen großen Brand, der eine ganz Reihe von Häusern vernichtete. Sie wurden nach einheitlichem Muster als zweigeschossige Fachwerkbauten mit Backsteinfassaden zum Marktplatz neu aufgebaut. Vermutlich ging diese Bauweise auf eine Anordnung der damaligen niederländischen Verwaltung in Lingen zurück.
Deutlich älteren Datums war das frühere Eckhaus zur Gymnasialstraße, ein kleines Giebelhaus aus Fachwerk. So muss man sich vermutlich die gesamte Marktfront im 16. Jahrhundert vorstellen. Hier hatte in späterer Zeit der Uhrmacher Hammerle sein Geschäft.
Beim Wirbelsturm 1927 wurde das Haus total zerstört und danach durch einen expressionistischen Backsteinbau nach Plänen des damaligen Lingener Stararchitekten Hans Lühn ersetzt.
Das dreigeschossige Nachbarhaus wurde in der Zeit um 1900 neu errichtet und war über viele Jahrzehnte Sitz des „Lingener Wochenblattes“, einer früheren Lokalzeitung, die hier auch gedruckt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich hier zunächst die Raiffeisen-Bank Lingen (heute Volksbank) und später „Rolfs Pub“, danach eine Quelle-Niederlassung.
Das nächste, außergewöhnlich breite Gebäude (heute: La Vino) stammte laut einer Jahreszahl auf den Mauerankern von 1653 und besaß noch im 19. Jahrhundert ein großes Dielentor zum Markt. 1904 ersetzten die Eigentümer, die reiche Kaufmannsfamilie Kerkhoff, das alte Haus durch einen dreigeschossigen Neubau mit einem hohen Giebelausbau. Viele Jahrzehnte befand sich im Erdgeschoss die Oldenburgische Landesbank und jetzt ein Restaurant.
Hierauf folgte ein weiteres altes Giebelhaus im oben beschriebenen Stil. 1911 entstand an seiner Stelle nach Plänen des Architekten Hans Lühn ein Neubau für die Familie Goldbach, die im Erdgeschoss eine Drogerie mit einer Fotoabteilung betrieb. Derzeit befindet sich hier ein Reisebüro. Das Gebäude besitzt eine der wenigen Jugendstilfassaden in Lingen.
Als einziges der stolzen Bürgerhäuser aus dem 17. Jahrhundert ist bis heute das „Café am Markt“ erhalten. 2005 hat der Lingener Bürger Alfons Kuhrs das 1651 erbaute Fachwerkhaus mustergültig restauriert und das Baudenkmal durch die Nutzung als Café von Bäcker- und Konditormeister Peter Lüttel der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Haus gehörte über 150 Jahre lang der angesehenen Lingener Kaufmannsfamilie Schmitz und diente später als Heißmangel. Eine kleine Ausstellung im hinteren Teil des Cafés dokumentiert die spannenden Funde beim Umbau des Hauses und das Gartenzimmer wird häufig auch für kulturelle Zwecke genutzt.
Das folgende Haus war um 1900 noch Sitz der Kurzwarenhandlung Loheyde und wurde dann Teil der Likörfabrik „Lambertia“ von Bernhard Lambers, deren Produktionsräume rückwärtig an der Clubstraße lagen. In den 60er Jahren hatte hier das Textilkaufhaus Josef Huesmann seinen Sitz und später verschiedene Banken. Das Gebäude selber wurde vollständig erneuert.
Im linken Teil des heutigen Geschäftshauses Neuhaus hatte nach dem Ersten Weltkrieg das Kaufhaus Brackmann seine Ladenräume. Später ließ sich hier der Uhrmacher Neuhaus nieder.
Das Eckhaus zur Clubstraße war früher als Gaststätte „Zum Grünen Jäger“, geführt von Bernhard Lambers. Verbunden mit dem Lokal war eine Kolonialwaren- und Wildhandlung.
Das ursprünglich recht schlichte Gebäude wurde in den 1920-er Jahren erneuert und erhielt zur Marktseite hin einen schönen Treppengiebel. 1977 wurde das Haus in alter Form neu aufgebaut und ist Sitz des Uhren- und Juweliergeschäftes Neuhaus.
Jenseits der Clubstraße führte von alters her noch ein weiteres Gebäude eine Adresse am Markt: das heutige Lokal „Stone“.
Früher hatte hier der Korbmacher Erfkamp sein Geschäft. Später befand sich dort ein Fischlokal und nach dem Neubau das bekannte Lokal „Alt Wien“.