Blumenholz?

Woher der Straßenname „Am Blomholt“ kommt

Im Lingener Ortsteil Bramsche gibt es eine Straße, die den Namen „Am Blomholt“ trägt. Aber woher kommt diese Bezeichnung?

Der Straßenname geht auf eine Flurbezeichnung zurück und ist in die Bestandteile Blom– und –holt zu zerlegen. Das Zweitglied –holt kommt in niederdeutschen Ortsnamen sehr häufig vor. Es meint hier ‚Gehölz, Wald‘. Ein solches Gehölz war aber kein undurchdringlicher Urwald, sondern ein Nutzwald, der fest in die vormoderne Landwirtschaft integriert war. Das zeigt die Geschichte des Wortes holt selbst. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang vor allem das Nebeneinander der zwei Bedeutungen, denn das Wort niederdeutsch holt bzw. hochdeutsch Holz bezeichnet sowohl das Material ‚Holz‘ als auch den Ort seiner natürlichen Produktion, den ‚Wald‘. Noch im Mittelniederdeutschen, das von ca. 1200 bis ca. 1600 gebraucht wurde, steht das Wort holt sowohl für den Wald selbst als auch für das Material, das aus dem Wald gewonnen wird. Die Bedeutung ‚Wald‘ hat sich heute noch in dem Wort Gehölz erhalten.

Lebendes und totes Holz

Das Nebeneinander der Bedeutungen ‚Holz‘ und ‚Gehölz‘ von holt ist nicht erst im Mittelniederdeutschen entstanden, sondern lässt sich bereits in älteren Sprachstufen nachweisen. So heißt es in einem in altsächsischer Sprache verfassten Essener Einkünfteverzeichnis aus dem 10. Jahrhundert: „uiar uother thiores holtes“ (lies u = v bzw. f; Übersetzung: vier Fuder trockenen Holzes). Hier ist eindeutig das Material, der Werkstoff gemeint. Am Anfang des zweiten Merseburger Zauberspruchs in althochdeutscher Sprache aus dem 9. Jahrhundert heißt es dann: „Phol ende Uuodan vuorun zi holza“ – [Die Götter] Phol und Wodan ritten/begaben sich in den Wald“. Hier ist unzweifelhaft das lebende Holz, der Wald, angesprochen. Auch im Altenglischen bestand diese Differenzierung, woraus sich ergibt, dass sie den westgermanischen Völkern bereits vor der Abwanderung der Angeln und Sachsen im 5. Jahrhundert nach Britannien gemeinsam gewesen sein muss.

Beide Bedeutungen des Wortes holt/holz gehen auf die Entstehung desselben im Bereich der Niederwaldwirtschaft zurück. Das Wort ist urverwandt mit griechisch kládos ‚Zweig, junger Trieb‘, wodurch sich erkennen lässt, dass nicht das isolierte Nutzholz die Grundbedeutung ist, sondern die Arbeitssituation selbst, in der lebendes in totes Holz verwandelt wird. Holz sind somit ursprünglich sowohl die lebenden Äste und Blätter des Niederwaldbaumes als auch die nach dem Abschneiden derselben gewonnenen toten Materialien (Stangen, Stöcke, Stämme etc.). Erst später wird das Wort Holz zur Bezeichnung für die Gesamtheit des nutzbaren Holzbestandes.

Blome und blomen

Aber was meint der zusammengesetzte Ausdruck Blomholt? Das „Blomholt” bezeichnet, im Gegensatz zum „Dustholt” – dem minderwertigen Holz –, die fruchtragenden Bäume, zumeist Eichen und Buchen. Das wertvolle Blomholt diente mit seinen Eicheln und Bucheckern der Vieh-, vor allem der Schweinemast, und durfte deshalb nicht ohne obrigkeitliche Genehmigung als Bau- oder Brennholz genutzt werden.

„Blome” (Substantiv) und „blomen” (Verb) stehen in der vormodernen Landwirtschaft auf der Bedeutungsebene eng mit Ertrag beziehungsweise Fruchtbarkeit zusammen. So bezeichnet etwa ostfriesisch blôm das Eidotter.

Im Bereich des Bramscher Blomholtes standen also in vormoderner Zeit (vor 1800) wertvolle, fruchttragende Bäume wie Eichen und Buchen, die der Schweinemast dienten. Diese haben den Flur- und heutigen Straßénnamen motiviert.