Zum Ortsnamen Schepsdorf
Die Schepsdorfer Kirche. Emslandmuseum Lingen
Seit 1973 ist Schepsdorf auf der Westseite der Ems ein Teil der Stadt Lingen. Doch woher kommt eigentlich der Name des Ortes?
Um diese Frage verlässlich beantworten zu können, ist die Suche nach den ältesten Belegen notwendig. Soweit zu sehen, tritt der Ortsname erstmals vor dem Jahr 1200 auf in zwei Urkunden, die beide nicht datiert sind, deren Entstehung aber begründet in das Ende des 12. Jahrhunderts zu setzen sind. In beiden Urkunden geht es um einen Güterverkauf bzw. eine -schenkung im südlichen Emsland, einmal in Elbergen, einmal in Dalum. Schepsdorf wird in diesen Schriftstücken zwar nicht direkt erwähnt, aber mittelbar über drei Zeugen beider Übertragungsvorgänge: Ameko, Razo und Walthardus de Scipestorp. Hier kann es sich nur um das emsländische Schepsdorf handeln, nach dem sich die drei (vermutlich Brüder) benannten. Das zeigen die anderen Zeugenfamilien: de Hasepe (Hesepe/Geeste) und de Lon (Lohne/Wietmarschen), die ja aus der näheren Umgebung stammen. Weitere Formen des Ortsnamens sind in parrochia Schepesthorpe (1291), Scepesdorpe (1301) und Scepestorpe (1313). Die Belege zeigen, dass von einer Ursprungsform *Scipesthorpe auszugehen ist. Das i muss ein kurzes i sein, das in offener Tonsilbe (Sci-pes) zu e zerdehnt wurde (Mittelniederdeutsche Zerdehnung).

Eine der beiden Urkunden, in denen „Walthardus de Scipestorf“ genannt wird.
Das Grundwort –dorf/-dorp (mit der häufigen Variante –torp) geht zurück auf altniederdeutsch thorp, mittelniederdeutsch dorp, althochdeutsch dorf in der Bedeutung ‚(Einzel)-Hof, Siedlung, Wohnstätte, Dorf‘. Das Wort ist urverwandt mit lateinisch trabs ‚(Dach)-Balken, Sparren‘ und gehört somit zu der Gruppe der „Zaun- und Gerüstwörter“, die von der Umzäunung selbst auf die gehegte Stelle übergegangen sind (vgl. englisch town ‚Stadt‘ < germanisch *tûna ‚Zaun‘ > niederdeutsch tûn ‚Zaun‘). Die vielen Bedeutungen des Wortes sind möglich, weil der Zaun erst das eingefriedete Gebiet schafft. Der Zaun bewirkt erst das Dorf. Ohne ihn wäre es nicht das, was es ist, nämlich ein eingehegtes, durch den Zaun aus der Umgebung herausgenommenes Grundstück. Somit ist unter einem Dorf also ursprünglich ein durch eine lebende Hecke oder einen toten Zaun gehegter Wohnplatz zu verstehen. Im Streusiedlungsgebiet konnte dies sogar nur ein einzelner Hof gewesen sein. In früheren Zeiten waren Höfe und Siedlungsplätze stets umzäunt. Das Bestimmungswort Scipes– lässt sich wegen des i nicht zu niederdeutsch skâp ‚Schaf‘ stellen, wie schon der Historiker Jost Hermann Nünning Mitte des 18. Jahrhunderts vermutete. Es kann entweder zu altniederdeutsch skip ‚Schiff‘ (‚Schiffs-Dorf‘) gestellt werden oder zu einem Personennamen Skip(i) (‚Skipis-Dorf‘). Ein solcher Rufname ist allerdings nicht belegt.

Die Ems bei Schepsdorf. Emslandmuseum Lingen.
Daher ist die erste Möglichkeit vorzuziehen. Allerdings könnte man meinen, dass ein Wort wie Schiff nicht möglich sei, weil das Bestimmungswort des Namens dann im Genitiv Singular vorliegen müsse, was bei einem Ortsnamen angeblich nicht zu erwarten sei. Doch stehen dem einige Beispiele entgegen. Zwei von diesen liegen sogar in räumlicher Nähe zu Schepsdorf. Es handelt sich um Salzbergen im Emsland, 1172 Saltesberch (‚des Salzes Berg‘) und Bergeshövede bei Hörstel, 965 genannt als Bergashauid (‚des Berges Haupt‘). Weitere Belege sind: Seeshaupt am Starnberger See, 1056 Seshopten (‚des Sees Spitzen‘) und Haarzopf bei Essen, 1215 in villa Hartzappe (‚des Waldes Bach‘).
Somit steht der Bildung eines Namens ‚des Schiffes Dorf‘ nichts im Wege. Das namengebende Schiff war vermutlich eine Fähre über die Ems, die hier bei Schepsdorf den Übergang ermöglichte.