Wie der Ortsname zu erklären ist

Eine Schafherde mit allen mittelalterlichen Farbschlägen von weiß über grau bis braun.
Es sind behornte und hornlose Tiere dargestellt, wobei die hornlosen Tiere vermutlich die weiblichen sind.
Aus einem englischen Bestiarium, 13. Jh., Bodleian Library, Oxford, M.S. Bodley 764
Was hat der Name Schapen mit dem Hamburger zu tun? Das Brötchen mit verschiedenen Belägen und würzigen Soßen, das heute vielfach auch nach seinen Hauptbestandteilen Cheese-, Chicken-, Fish-, Veggie-Burger oder allgemein nur kurz Burger genannt wird, hat seinen Namen nicht etwa von englischen Wort ham für ‚Schinken‘ erhalten, wie oft behauptet wird, sondern tatsächlich vom Namen der Stadt Hamburg. Beim Hamburger handelt es sich ursprünglich um ein von einem Ortsnamen abgeleitetes Adjektiv vom Typ Frankfurter (Würstchen), Wiener (Schnitzel) oder Berliner (Krapfen). Beim Hamburger müsste man also eigentlich noch „Brötchen“ oder ähnliches ergänzen.
Doch zurück zu Schapen. Dass dieser Ortsname etwas mit dem Namen der norddeutschen Metropole, die auch für den Namen des Hamburgers Pate stand, zu tun hat, ist heute nicht mehr zu erkennen, wenn man von der gegenwärtigen Form ausgeht. Anders verhält es sich, wenn man auf die historischen Belege schaut. Schapen erscheint bereits um 900 im ältesten Urbar der Abtei Werden an der Ruhr als Scapham, Scapaham und Scapahamma. Aus diesen Altformen wird ersichtlich, dass Hamburg und Scap(a)ham beide ein Element ham aufweisen. Dieser Namenbestandteil ist zu altniederdeutsch *ham, mittelniederdeutsch ham ‚Zaun (aus Planken), Hegung, Pferch, Gatter, eingezäuntes Grundstück‘ zu stellen. Das Hauptwort ham gehört zum Tätigkeitswort hemmen (< germanisch *ham–jan). ham ist also ein Gerät zum Hemmen von etwas.

Scapahamma als letzter Eintrag auf dieser Seite des Urbars.
Hamburg muss man somit mit ‚Zaun-Burg‘ übersetzen. Vielleicht war die ursprüngliche Palisade der Burg besonders wehrhaft, weshalb der gesamte Wehrbau nach dem ihn umgebenden Zaun, seiner Befestigung benannt wurde. Bei Schapen haben wir allerdings keine Burgbefestigung vor uns. Hier bedeutet ham vielmehr ‚Pferch, Gatter‘, wie das Bestimmungswort des Namens scap(a) zeigt. Hinter diesem verbirgt sich eindeutig das ‚Schaf‘, altniederdeutsch skâp, mittelniederdeutsch schâp.
Ähnlich gebildete Ortsnamen sind nicht selten. So erscheint 1220 ein Vogelhamme ‚Vogel-Gehege‘ bei Essen (heute umgedeutet Vogelheim), Harsum bei Wesel hieß in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts noch Hersehamme und benannten das ‚Pferde-Gatter‘ (zu altniederdeutsch hers ‚Pferd‘). In Ossum bei Meerbuch, 1186 Osnam, steckt wahrscheinlich ein älteres *Ossenham, also ein ‚Ochsen-Pferch‘ (zu altniederdeutsch ohso, osso, mittelniederdeutsch osse ‚Stier, Ochse‘). Der Schwinnshof bei Loikum (Hamminkeln) erscheint Mitte des 13. Jahrhunderts als Svinham, also als ‚Schweine-Koben‘ (zu altniederdeutsch und mittelniederdeutsch swîn ‚Schwein‘).
Der Name Schapen, der später auf den ganzen Ort überging, hing ursprünglich an einen Oberhof des Klosters Werden. Von diesem Oberhof aus wurden mehrere kleinere Bauernstellen in der Umgebung verwaltet. Auf dem Oberhof selbst wurde – ausweislich seines Namens – die Schafzucht für die Werdener Mönche im größeren Stil betrieben. Derartige spezialisierte Viehwirtschaftsbetriebe sind auch dem Mittelalter nicht fremd. So hatten zahlreiche Stifte und Klöster ihre Viehhöfe (Vehus), die dann auch spezielle Namen tragen konnten wie etwa Kohus ‚Kuh-Hof‘. Auf die Schafzucht geht auch das 1160 erstmals erwähnte Ibbenbürener Scaphus zurück, das dem Schafberg seinen Namen gab. Der Ortsname Schapen meint also ursprünglich den ‚Schaf-Pferch‘ oder das ‚Schaf-Gatter‘ und bezog sich auf den hier ansässigen Oberhof des Klosters Werden, auf dem hauptsächlich Schafzucht betrieben wurde.