Lingener Geschichte im Bild (25)

In der Serie von EL-Kurier und Emslandmuseum geht es am heutigen Jubiläumswochenende um eine der schillerndsten Epochen der Lingener Geschichte: Die Besitzergreifung durch die Oranier im Jahre 1633. Nun gehörte Lingen fast 70 Jahre zu den Niederlanden. Und die waren damals die führende See- und Handelsmacht in Europa.

Nachdem die spanischen Truppen abgezogen waren und die Festungswälle 1632 geschleift wurden, erschien am 5. Januar 1633 der Niederländische Beauftragte Rütger von Haersolte in Lingen. Er führte im Auftrag des Statthalters Frederik Hendrik von Oranien die formelle Besitzergreifung durch und übernahm das Amt des Drosten, des obersten Verwaltungsbeamten für die Stadt und die Grafschaft Lingen.
In Deutschland tobte um diese Zeit noch der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648). Auch im Emsland kam es zu häufigen Durchzügen und Übergriffen von Truppen verschiedener Kriegsparteien. Die Schweden und die kaiserlichen Heere kämpften um die Festungsstädte Rheine und Meppen. Da die Niederlande aber neutral waren, wurde Lingen nicht angegriffen. Bei drohender Kriegsgefahr flüchteten sogar viele Menschen in die Stadt und stellten sich hier unter den Schutz der Oranier.
Die Niederländer bauten die Lingener Verwaltung nach niederländischem Vorbild um. Dabei blieben die Rechte der Einwohner gemäß dem altüberlieferten Lingener Landrecht gewahrt. In Glaubensdingen verhielt sich der Statthalter Frederik Hendrik von Oranien tolerant. Calvinistische Prediger wurden in ihre Ämter eingeführt, doch auch die katholischen Pfarrer wirkten weiterhin in den Gemeinden.
Wirtschaftlich brachte der Anschluss an die Niederlande für die Lingener viele Vorteile, denn als Untertanen der Oranier hatten sie dort die gleichen Rechte wie die Holländer. Der Handel mit den Niederlanden blühte auf. Lingener Kaufleute, Handwerker und auch die Hollandgänger konnten ihre Tätigkeiten dort ungehindert ausüben. Und als die Amsterdamer und die Hamburger Börsenkaufleute eine reitende Botenpost zwischen den beiden Handelsmetropolen einrichteten, wurde die Mittelpunktstation in Lingen eingerichtet. So entwickelte sich die Stadt im 17. Jahrhundert zu einem wichtigen Knotenpunkt für Nachrichten, Geldtransfer und Warensendungen.

Unterdessen verhandelten in Münster die Spanier und die Niederländer einen endgültigen Friedensvertrag. Gespannt verfolgte man vom Emsland aus, was die Gesandten dort zum Schicksal von Stadt und Grafschaft Lingen vereinbaren würden. Der Statthalter und Feldherr Frederik Hendrik von Oraniern, der die Spanier endgültig aus den Niederlanden vertrieben hatte, erlebte den Friedensschluss nicht mehr. Er starb am 14. März 1647, bevor das weitere Schicksal Lingens besiegelt wurde.