Deutsche Kriegsgefangene im Goldenen Käfig
Unter den Millionen deutschen Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg in Kriegsgefangenschaft gerieten, gab es eine ganz besondere Gruppe. Es waren jene 371.000 Männer, die zwischen 1942 und 1946 in den Vereinigten Staaten interniert waren. Sie trafen dort auf Verhältnisse, von denen
andere Kriegsgefangene, ja selbst Soldaten auf dem europäischen Kriegsschauplatz nur träumen konnten: saubere Unterkünfte, gute Verpflegung, akzeptable Arbeitseinsätze und attraktive Freizeitgestaltung.
Die erste größere Gruppe, die in den USA eintraf, waren rund 135.000 Angehörige der Heeresgruppe Afrika, die im Mai 1943 in Tunesien kapituliert hatten. Hinzu kamen etwa 182.000 Soldaten, die sich 1944 bei der Invasion in der Normandie den Amerikanern ergeben hatten. Außerdem waren in den USA noch mehrere zehntausend Gefangene, die beim Vormarsch der Alliierten in Italien überrannt wurden sowie Marinesoldaten, die auf See in amerikanische Gefangenschaft gerieten.
Unter diesen Gefangenen aus dem Afrika-Korps waren auch Karl-Heinz Driemann aus Lingen, Heinrich Többen aus Brögern (später Holthausen) und Hubert von der Haar aus Schapen.
Karl-Heinz Driemann, Jahrgang 1916, nahm zunächst am Krieg gegen Frankreich („Westfeldzug“) und am Überfall auf die Sowjetunion („Russlandfeldzug“) teil. Anschließend macht er eine Ausbildung zum Waffentechniker. Nach deren Abschluss kam er in Italien und Nordafrika zum Einsatz. Dort wurde er im Rang eines Oberleutnants von den Amerikanern gefangen genommen.
Er kam in das Offizierslager Concordia in Kansas und nahm dort an mehreren Seminaren der „Prisoner of war university“ (Kriegsgefangenen-Hochschule) teil, lernte Englisch und beschäftigte sich mit amerikanischer Politik und Geschichte. Er gehörte damit zu jenen Deutschen, die die Amerikaner für den Aufbau eines demokratischen Nachkriegsdeutschlands gewinnen wollten.
Noch im Januar 1945 teilte die „deutsche Lagerführung“ des Kriegsgefangenenlagers Concordia Driemann mit, dass er aufgrund einer privaten Mitteilung aus Deutschland mit Wirkung zum 1. April 1944 zum Technischen Inspektor der Kriegstechnik befördert worden sei. Im Frühjahr 1946 wurde Driemann aus der Kriegsgefangenschaft entlassen.
Heinrich Többen, Jahrgang 1921, kam nach seiner Schulausbildung 1939 als „Landhelfer“ zum Bauern Holt in Holthausen. Im Februar 1941 wurde er zur Wehrmacht eingezogen und kam zum Afrikakorps. Dort geriet er 1943 in amerikanische Gefangenschaft und war bis 1946 in den USA interniert. Nach seiner Entlassung holte er seine Berufsausbildung als Zimmermann nach und war von 1948 bis zum Eintritt in den Ruhestand bei der Baufirma Hofschröer beschäftigt. 1949 heiratete er Maria Hofschröer aus Holthausen.
Eine große Schnitzarbeit mit Motiven aus seinem Kriegseinsatz in Afrika 1942-1943 sowie seiner Kriegsgefangenschaft in Amerika 1943-1946 erinnerten ihn zeitlebens an seine „verlorenen Jahre“. Eingearbeitet in dieses Relief, das sich heute im Emslandmuseum befindet, ist auch ein Foto vons einer Fußballmannschaft im Gefangenenlager.
Die Amerikaner hielten sich gegenüber ihren Gefangenen strikt an die Vereinbarungen der Genfer Konvention von 1929. Die deutschen Soldaten wurden gut untergebracht und gut versorgt. Die Arbeitsaufträge hielten sich in Grenzen und es gar sogar einen geringen Lohn in US-Währung, so dass die Gefangenen etwa auch Tabak und Alkohol kaufen konnten. Außerdem gab es viele Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Hierzu gehörten auch allgemeinbildende und berufliche Bildungsangebote. Denn unter den Gefangenen waren ja nicht nur junge Soldaten ohne Berufsausbildung, sondern auch viele Fachkräfte und sogar Dozenten aus unterschiedlichsten Bereichen.
Hubert von der Haar aus Schapen, Jahrgang 1921, besuchte das Maristengymnasium in Meppen und wechselte dann zum Gymnasium Dionysianum in Rheine. Von dort wurde er im Herbst 1940 mit einem „Kriegsabitur“ zur Wehrmacht entlassen. Von der Haar stieg rasch zum Leutnant auf und geriet 1943 in amerikanische Gefangenschaft.
Von der Haar stieg rasch zum Leutnant auf und geriet 1943 in amerikanische Gefangenschaft. Untergebracht war er in den Offizierslagern Concordia, Pryer, Mexia und Dermot. Dort absolvierte er ein „Studium für Kriegsgefangene“ im Fach Bauingenieurwegen. Zu seinen Ausbildern, alles Mitgefangene, gehörten Diplomingenieure, Bauräte und Technische Inspektoren verschiedener Richtungen.
Entlassungsschein 1946 Entlassungsschein 1946
Am 1. Mai 1946 wurde von der Haar aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und versuchte sofort, sein Studium an der TU Braunschweig fortzusetzen. Zu seiner Enttäuschung musst er aber feststellen, dass seine Ausbildung in den USA dort nicht anerkannt wurde. Wegen Überfüllung der Hochschule wurde er abgelehnt. Auch an der TH Hannover erhielt er keine Zulassung und den Hinweis, dass auch für die Zukunft keine Aussicht auf einen Studienplatz bestehe. Hubert von der Haar machte daraufhin eine Ausbildung zum Bautechniker und war bis zu seinem frühen Tod 1964 in diesem Beruf tätig.