Lingener Geschichte im Bild (3)

Als der Zeichner Matthäus Merian im Jahr 1647 mit seiner „Topographia Westfaliae“ eine Beschreibung aller wichtigen Städte Nordwestdeutschlands in Text und Bild in Druck gab, durfte darin die Stadt Lingen natürlich nicht fehlen. So entstand die bekannte Stadtansicht, die auf der linken Seite die Burg und auf der rechten Seite die Stadt mit dem Rathaus und der heutigen Reformierten Kirche zeigt. Im Vordergrund hat Merian die Wassergräben und Erdwälle der Festungsanlagen dargestellt und in der Mitte das Burgtor.


Merian schrieb zur Erläuterung: „Lingen, zwischen Rheine und Meppen, war einstmals die Residenz und Hofhaltung der Westfälischen Grafen von Tecklenburg. Ein Städtlein und ein Schloss, und jetzt eine ansehnliche Festung. Soll derzeit niederländisch sein.“
Mit der Zuweisung Lingens zu den Niederlanden lag Merian im Erscheinungsjahr seines voluminösen Bildbandes 1647 richtig, doch die Burg und die Festung waren zu diesem Zeitpunkt längst Geschichte. Eine Pulverexplosion hatte 1607 die Burggebäude weitgehend vernichtet und ein Wiederaufbau erfolgte nicht. Auch die sternförmig angelegten Festungswerke mit den breiten Gräben und mächtigen Bastionen wurden bereits 1632 geschleift und eingeebnet, bevor kaiserliche Truppen Lingen als offene Landstadt den Niederländern übergaben.
Merian entwarf seine Stadtansicht vermutlich auf der Grundlage damals bereits veralteter Festungspläne und Belagerungsansichten. Möglicherweise konnte er auch auf ältere Skizzen der Stadt zurückgreifen, die für sein groß angelegten Städtebuch schon vor 1607 bzw. 1632 entstanden. Doch bei aller Quellenkritik bleibt die Stadtansicht von Merian letztlich die einzige bekannte Bildquelle, auf der die mittelalterliche Burg mit ihren späteren Ausbauten im Aufriss sichtbar ist.

Seit dem 19. Jahrhundert wurde die Vorlage von Merian häufig kopiert oder als Grundlage für neue Stadtdarstellungen im historischen Stil benutzt. Dabei entstanden allerlei gedruckte, gezeichnete und gemalte Ansichten von Lingen, die aber allesamt auf Marian zurückgehen.
