Lingener Geschichte im Bild (4)

Wichtige Stationen der 1050jährigen Stadtgeschichte Lingens dokumentieren der EL-Kurier und das Emslandmuseum mit dieser Serie. Heute stellen wir einen besonderen Bodenfund von der mittelalterlichen Burg Lingen vor, der an die Grafen von Tecklenburg als Herrscher von Lingen erinnert.

1493 wurde die Grafschaft Lingen bei einer Erbteilung von der alten Reichsgrafschaft Tecklenburg abgespalten und damit zu einer selbständigen Herrschaft. Regiert wurde das Land Lingen aber weiterhin von einem Zweig des Hauses Tecklenburg, dem Grafen Nikolaus III. Als dieser 1496 starb, übernahm sein Sohn Nikolaus IV. die Regentschaft in Lingen.

Mit der offiziellen Anerkennung der Selbständigkeit Lingens durch den deutschen Kaiser war auch die Verleihung eines eigenen Landeswappens verbunden. Es zeigte einen goldenen Anker auf blauem Grund. Da die Grafschaft Lingen jedoch eng mit dem Hause Tecklenburg verbunden blieb und beide Länder häufig unter einer gemeinsamen Regierung standen, führte man in Lingen ein kombiniertes Wappen.

Es zeigte oben links und unten rechts drei herzförmige Seerosenblätter, also das alte Wappen der Grafschaft Tecklenburg. Oben rechts und unten links ist der Lingener Anker dargestellt. Dieses Wappen wurde für die Grafschaft Lingen bis in das 18. Jahrhundert geführt.

In den 1960er-Jahren stieß man bei Bauarbeiten an der Ecke Marienstraße/Lookenstraße auf Fundamente der mittelalterlichen Burg Lingen. Vermutlich stand dort einer der Ecktürme des Kastells. Tief im Untergrund entdeckten die Bauarbeiter ein spektakuläres Fundstück: einen glasierter Fußbodenziegel mit dem Tecklenburg-Lingener Wappen, wobei der Anker hier schräg gestellt ist. Glasierte Ziegel mit Wappen und anderen Darstellungen waren im Mittelalter in Burgen und Klöstern weit verbreitet. Das Relief entstand dabei durch den Abdruck des ungebrannten Ziegels in einer Form mit einem eingeschnitztem Bildmotiv.
Den Lingener Anker in schräger Stellung führte in dieser Form nur der Gründer der Grafschaft Lingen, der 1496 verstorbene Graf Nikolaus III. Alle seine Nachfolger bevorzugten den Anker in gerader Stellung. Daher kann der Wappenstein aus dem Lingener Bodenfund spätestens im Todesjahr des Grafen 1496 entstanden sein.
Auch auf dem Kastell in Lingen war also im Mittelalter ein Raum mit solchen Ziegelplatten ausgelegt. Dieser Raum wurde vermutlich 1607 bei der Pulverexplosion der Burg zerstört. Der Wappenstein gelangte dabei unversehrt in das Erdreich und gehört seit seiner Wiederentdeckung zu den wichtigsten Ausstellungsstücken zur mittelalterlichen Stadtgeschichte im Emslandmuseum.
