Als die Raffinerie Lingen entstand

Größte Industrieanlage der Nachkriegszeit

Den Aufbau der Erdölraffinerie Lingen zu Beginn der 50-er Jahre dokumentiert die neue Folge unserer Serie „Achtung, Aufnahme!“. Die Fotos erhielt das Emslandmuseum im vergangenen Jahr über die Tochter von …

Auf einem einplanierten Dünengelände entstanden die Werksanlagen
Die Direktoren Karl Ahrensmeier (2.v.r.) und Dietrich von Eynatten (3.v.r.) bei einer Baustellenbesichtigung

Karl Ahrensmeier. Dieser war von 1949 bis 1968 kaufmännischer Direktor des damals größten Industriebetriebes im Emsland.

Begonnen hatte Ahrensmeier seine berufliche Laufbahn schon 1922 in verschiedenen Kaliwerken der Wintershall und wechselte dann in die Hauptverwaltung in Kassel. 1940 übernahm er die Ölabteilung des Konzerns in Wien und nach Kriegsende die kaufmännische Leitung des Werkes in Nienhagen bei Hannover. Als sich dann der Bau der Raffinerie in Lingen abzeichnete, wurde Ahrensmeier zum kaufmännischen Direktor ernannt und hatte diese Position bis zum Eintritt in den Ruhestand 1968 inne. Bereits 1949 gehörte er dem Emslandausschuss der IHK Osnabrück an. 1950 zog Ahrensmeier mit seiner Familie nach Lingen und wohnte in einem Direktorenhaus der Wintershall an der Waldstraße.

Im Kriegsjahr 1942 hatte man das Erdölfeld Lingen in der Nähe der Ems entdeckt. Bald kamen Ölfunde in der Grafschaft Bentheim und im Emslandmoor hinzu. Für das schwere Rohöl aus diesen Feldern muss eine Raffinerie errichtet werden. Als Standort wählte man einen Staatsforst auf einem Dünengelände nördlich von Lingen mit Anschluss an Straße, Schiene und Kanal. Den Aufbau der Werksanlage in der damals noch selbständigen Gemeinde Holthausen hielt Ahrensmeier in zahlreichen Fotos fest.

Zunächst musste man 1951 den Wald roden und die Sanddünen mit Raupen und Baggern einplanieren. So entstand eine große ebene Sandfläche, auf der die zahlreichen Betriebsanlagen errichtet wurden: das Tanklager mit den Rohölbehältern, die „Betonstraße“ in Verlängerung der Waldstraße, eine eigene Tankstelle für die zahlreichen Baufahrzeuge und den Gleisanschluss für den Eisenbahntransport machten den Anfang. Am Dortmund-Ems-Kanal wurde ein eigenen Stichhafen mit mehreren Liegeplätzen angelegt.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Ahrensmeier sein Büro noch in der ehemaligen Wehrmachtskaserne an der Gelgöskenstiege, während das Baubüro in einer Baracke auf der Baustelle untergebracht war. Zahlreiche Gäste verfolgten immer wieder den Fortgang der Arbeiten auf einer der größten Baustellen im damaligen Niedersachsen, darunter der Bundestagsabgeordnete Eckstein, der osnabrücker Regierungspräsident Dr. Friemann und verschiedene Minister aus Hannover.

In relativ kurzer Zeit entstanden nun ein Kraftwerk mit Turbinenhaus und Generator, ein Kesselhaus mit einem Kühlturm, die Schaltzentrale, Magazin und Werkstatt, ein großes Umkleidegebäude mit Sozialräumen und das Verwaltungsgebäude. Gleichzeitig wurden auch zahlreiche Werkswohnhäuser an der Waldstraße errichtet.

Aufwendiger war der Bau der technischen Anlagen, die teilweise über hundert Meter hoch waren. 1952 wurden der sogenannte Houdryturm für die Crackanlage und ein Koker für die thermische Crackung fertiggestellt. Ein Jahr später ging die Anlage unter dem Namen „Gewerkschaft Erdöl-Raffinerie Emsland“ (GEE) mit fast 1000 Mitarbeitern in Betrieb.

Damals wurde fast ausschließlich Rohöl aus den nahegelegenen Ölfeldern im Emsland verarbeitet. Mitte der 50er-Jahre wurden über zehn Prozent des Benzins in Deutschland in der Raffinerie in Lingen produziert.