Die alte Gaststätte Thien an der Schwedenschanze

Bild des Monats Oktober 2021

Der Wasserturm und die alte Gaststätte Thien an der Schwedenschanze (Ansichtskarte von 1910)

Von einem freundlichen Museumsbesucher aus Rheine erhielt das Emslandmuseum jetzt eine interessante, sehr seltene Ansichtskarte aus der Zeit um 1910, die selbst …

Die Gaststätte Thien an der Schwedenschanze, um 1975

in der mehrere hundert Karten umfassenden Museumssammlung bislang noch nicht bekannt war. Das Bildmotiv zeigt mit Blick stadteinwärts die Schwedenschanze östlich der Bahnlinie mit dem Wasserturm und der benachbarten Gaststätte Thien im Vordergrund. Thien war wohl auch Auftraggeber dieser Ansichtskarte, denn eine kurze Beschriftung auf der Bildseite lautet: „Gruß vom Restaurant mit Wasserturm von Hermann Thien, Lingen a.d. Ems“.

Diese Gaststätte an der Schwedenschanze 18 bildete einst den Mittelpunkt eines Stadtviertels, das schon lange nicht mehr existiert: der Schneewall und das alte Wohngebiet an der Schwedenschanze östlich des einstigen Bahnübergangs Schwedenschanze. Hier entstanden im späten 19. Jahrhundert die ersten Wohnhäuser östlich der Bahnlinie, die hauptsächlich von Arbeitern des Eisenbahnausbesserungswerkes mit ihren Familien bewohnt wurden. Es waren zumeist die typischen kleinen Arbeiterhäuser mit der Haustür zur Straße und einem großen Gemüsegarten hinter dem Haus.

Die Gäste konnten bei Thien aber nicht nur ihren Durst löschen, sondern Thien betrieb auch einen Bierverlag und eine Kohlenhandlung. Der Betrieb war sozusagen das Versorgungszentrum für die Schwedenschanze und die angrenzenden Straßenzüge. Der geräumige Parkplatz war besonders an den Viehmarkttagen dicht belegt und in der Gastwirtschaft Thien herrschte an diesen Tagen Hochbetrieb. Auch mancher Eisenbahner legte hier nach Feierabend auf dem Weg nach Hause eine kleine Erfrischungspause ein.

Im zweiten Weltkrieg wurde das Umfeld der Gaststätte bei Luftangriffen schwer getroffen. Der Wasserturm und die Gaststätte blieben von der Zerstörung verschont, aber zahlreiche Nachbarhäuser wurden durch die Bomben vernichtet und es gab viele Tote.

In den 70er Jahren mussten zahlreiche Häuser an der Schwedenschanze und am Schneewall für den Straßenausbau abgebrochen werden, um Platz für die Auffahrten zur Südbrücke und zur Fahrradbrücke zu schaffen. Heute befinden sich hier die Brückenrampen und weitläufige Grünflächen. Der Bahnübergang Schwedenschanze neben dem noch erhaltenen Stellwerk ist längst Geschichte.

Auch die Gaststätte Thien musste schließlich dem Straßenausbau weichen und siedelte sich an der Ecke Josefstraße/Bernhardstraße als Bierverlag und Getränkemarkt neu an.