Puppen schreiben Geschichte

Deutsche Traditionsmarken, Geschenke aus Amerika und Kolonialismus im Kinderzimmer

Zwei sogenannte „Negerpüppchen“ aus den 50er-Jahren

Immer wieder erhält das Emslandmuseum Geschenke und Nachlässe aus Familien in Lingen und dem Emsland. Vor einigen Monaten kamen mit einem größeren Nachlass vier Puppen aus der Nachkriegszeit in unsere Sammlung. Sie geben nicht nur Einblick in ein Lingener Kinderzimmer von damals, sondern spiegeln auch die Zeitgeschichte der Jahre nach dem Weltkrieg.

Puppe vom Onkel aus Amrika

Die frühere Besitzerin der Puppen kam 1940 zur Welt und hat ihren Vater nie gekannt – er starb als Soldat im Zweiten Weltkrieg. Ihre Kindheit in den Nachkriegsjahren war durch Armut, Mangel und Not geprägt. Immerhin hatten sie im eigenen Haus der Großeltern ein Dach über dem Kopf und einen großen Garten, aus dem sie sich versorgen konnten.

Ein Onkel, der in den 20er-Jahren nach Amerika ausgewandert war, schickte Pakete mit Lebensmitteln und Hausrat. Von ihm bekam sie auch ihre Puppe, eine Kunststoffpuppe aus amerikanischer Produktion.

In den 50er Jahren erhielt sie als Geschenke von ihrer Mutter und ihren Großeltern weitere Puppen, darunter eine der damals beliebten „Schildkröt-Puppen“ und eine Puppe des bekannten Puppenherstellers K&W (König und Wernicke). Diese bekannte Firma war 1912 in Thüringen gegründet worden und verlegt nach dem Zweiten Weltkrieg den Firmensitz in den Schwarzwald.

Relikte des Kolonialismus und Rassismus im Kinderzimmer

Ein Kuriosum sind aus heutiger Sicht die beiden sogenannten „Negerpüppchen“. Solche Puppen waren in den 50er und 60er-Jahren noch sehr beliebt und verbreitet. Erfunden wurden sie zur Zeit des Kolonialismus und waren ursprünglich Ausdruck der damaligen Rassenideologie. In den 60er-Jahren hatten sie diesen Kontext längst verloren und fanden sich als Kuriosum in zahlreichen Puppensammlungen. Das in dieser Zeit damit noch koloniale Absichten verbunden waren, darf wohl bezweifelt werden. Inwieweit sie damals noch Ausdruck rassistischer Vorstellungen waren, wird in der Forschung unterschiedlich beurteilt. Für das Mädchen aus Lingen waren sie jedenfalls zwei geliebte Mitglieder ihrer Puppenfamilie.