Aprilwetter

Die „Lingener Wetterkunde“ von Otto Sandfort

Aprilwetter in Lingen

1919 verfasste der Lingener Oberregierungs- und Vermessungsrat Otto Sandfort (1878-1960) eine „Wetterkunde“ für den damaligen Regierungsbezirk Osnabrück und insbesondere für den Raum Lingen.

Erste Seite aus der „Wetterkunde“ von Otto Sandfort

Zunächst erklärt der Autor darin die Grundlagen des Wetters wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Winde, Niederschläge und Bewölkung. Dann schildert er, welche Beobachtungen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung des Wetters geben können. Er vergleicht dies mit alten Wetterregeln und dem Volksglauben, etwa zu den Einflüssen des Mondes auf das Wetter. Er zitiert zum Beispiel die Wetterregel: „Morgenrot givt Water in den Slot“ (nach einem Morgenrot wird es soviel Regen geben, daß die Bäche fließen werden). Dagegen heißt es „Abendrot, gut‘ Wetter Bot“.

Per Post zugestellte Wetterkarte vom August 1912

Wichtig ist für Sandfort die Beobachtung der Wolken und der Windrichtung: „Haben wir im Frühjahr west- nordwestliche Winde bei schnell steigendem Barometer, so bekommen wir das sogenannte Aprilwetter, nämlich einen raschen Wechsel zwischen Regen und Sonnenschein, zwischen Windstille und Böen, auch kurze Gewitter sind nicht selten.“

Schließlich erklärt der Verfasser den Umgang mit dem Barometer und die Rückschlüsse, die man aus dem Luftdruck auf das Wetter ziehen kann.

Auch Beobachtungen an Tieren sind für ihn ein Faktor bei der Wetterprognose. Als Beispiele führt er Kiebitze und Stare auf, Frösche, Spinnen, Hühner, Hunde, Wildgänse, Mücken und Schafe. „Sitzt die Spinne unbeweglich in der Mitte ihres Netzes, so gibt es beständiges, gutes Wetter; wird sie dagegen unruhig und verkriecht sich in ihrem Schlupfwinkel, so gibt es regnerisches und windiges Wetter.“

In seiner Wetterkunde gibt Otto Sandfort auch praktische Hinweise für die geografische Orientierung im Gelände, etwa Verkehrswege im Raum Lingen, an denen man die Himmelsrichtung ablesen kann.

„die gebräulichsten Zugstraßen der barometrischen Depressionen über Europa (nach van Bebber)“

Am Ende seines rund 40 Seiten umfassenden Manuskriptes erklärt der Autor die Auswertung einer Wetterkarte. Diese wurden damals (1919) vom Deutschen Wetterdienst in Hamburg herausgegeben und per Eilpost verschickt.

Bald darauf wurde das Radio erfunden und von Beginn an hatte im Rundfunk der Wetterbericht einen hohen Stellenwert. Das Radio war es wohl auch, das die Drucklegung von Sandforts Wetterkunde am Ende verhinderte. Aus heutiger Sicht ist sie ohnehin nur noch ein Kuriosum im Museumsarchiv.