Auf den Spuren des „Moordoktors“

Bilder aus dem Nachlass von Landesökonomierat Dr. August Salfeld (1835-1904)

Aus dem Erinnerungsalbum der Familie Salfeld

Der berühmte „Moordoktor“ Landesökonomierat Dr. August Salfeld (1835-1904) lebt den Jahren 1884 bis 1904 mit seiner Familie in Lingen und leitete von hier aus die neueingerichtete Emsland-Abteilung der Moorversuchsanstalt Bremen. Ein Album mit Fotos und Ansichtskarten aus dieser Zeit sowie weitere Dokumente wurden dem Emslandmuseum von seinem Urenkel, Dr. med. Uwe Salfeld, übergeben. Auszüge daraus stellen wir hier vor.

Dr. Salfeld war Experte für Dünger in der Landwirtschaft (Elbergen, um 1890)

Salfeld entwickelte neue Methoden zur Kultivierung und Bearbeitung der Moorböden. Hierzu richtete er Siedlerstellen auf Hochmoorflächen ein, entwickelte Modellprojekte und führte Feldversuche durch, insbesondere zu Fruchtfolgen auf Moorböden. 1892 gründete er in Lingen die erste „Landwirtschaftliche Winterschule“ im Emsland, an der junge Landwirte berufsspezifisch ausgebildet wurden.

Salfeld wohnten 1884 bis 1890 in der Marienstraße neben der Post

Salfelds Söhne Otto (1877-1946) und Friedrich (1881-1972) wuchsen in Lingen auf und besuchten das Gymnasium Georgianum. Sie und ihre Eltern hielten die Erinnerungen an die Zeit in Lingen in zahlreichen Briefen und Dokumenten fest.

1890 bis 1894 wohnten Salfeld in dem Haus mit dem Turm geradeaus

Der Sohn Otto legten außerdem ein Album mit Fotos und Ansichtskarten aus Lingen an, die vermutlich aus dem Nachlass seines Vaters stammten. Die Karten zeigen neben allgemeinen Motiven auch die Straßen und Häuser, in denen die Familie Salfeld damals wohnte, nämlich von 1884 bis 1890 im Haus des Bürgermeisters von Beesten in der Marienstraße (heute Eingang Einkaufsmall) und von 1890 bis 1894 in einem großen Wohnhaus mit Garten an der Ecke Alte Rheiner Straße/Lindenstraße (heute kleiner Parkplatz am Kreisverkehr).

1894 bis 1904 wohnten Salfeld im Haus Lühn in der Marienstraße

Von 1894 bis 1904, Frau Salfeld war mittlerweile verstorben und die Söhne im Studium, wohnte Dr. Salfeld im Haus des Bauunternehmers Lühn an der Marienstraße.

Die Lingener Burgstraße um 1900

Friedrich Salfeld schrieb später in seinen Lebenserinnerungen über das „Kleinstadtleben in Lingen“ folgende Zeilen: „Zur Vervollständigung des Lebens in der Kleinstadt führe ich noch einige Erinnerungen an aus meiner eigentlichen Jugendzeit, denn da ich von Haus aus viel Sinn für Humor besitze, behielt ich auch humorvolle Begebenheiten meiner Umwelt. Die Menschen in der Kleinstadt wissen von Nachbarn – das heißt als Nachbar zählt hier die ganze Stadt – alles, was von Mund zu Mund die Runde macht.

Das Gymnasium Georgianum (heute Krankenhausgelände)

Warum z.B. ein 20jähriges Mädchen plötzlich ein Vierteljahr verreisen musste und mein Klassenkamerad von allen Lehrern ohne eigentlichen Grund in der Schule nur angeschnauzt wurde und plötzlich die Schule verlassen mußte; warum der Professor Euling, der der Frau Major Klavierstunden erteilte, versetzt wurde und der Major tobte, so daß seine Frau ihn verließ u.s.w. an üblichem Stadtklatsch mehr, wie es wohl überall vorkommen wird.

Frau Senator Stöwe litt an Kleptomanie. Ihr wurde von einer anderen Dame die bei einem in ihrem Hause stattgefundenen Kaffeeklatsch entwendete Pelzjacke auf offener Straße wieder abgenommen. Dadurch noch nicht klug geworden, ließ sie im Laden einen Rollschinken unter ihr Kape verschwinden. Dies beobachtete der Besitzer des Ladens durch das Comtoirfenster, rief sie zu sich und Frau Senator mußte 500 Mark an die Armen als Buße zahlen.“

Kriegerdenkkmal mit umstrittenen Proportionen

„Als mit großem Aufzug der Kriegervereine, Schützenvereine, Marinevereine, überhaupt sämtlicher Vereine das Kriegerdenkmal enthüllt wurde, bekam ganz Lingen einen Schrecken, denn auf übergroßem Sockel prangte eine zu klein geratene Bronzestatue. Die Maße waren falsch angegeben gewesen. Die Mehrzahl der Stadtbewohner schmunzelte.“

Der Getrudenweg (später Synagogenstraße) mit der Katholischen Kirche (um 1910)

Katholisch und Evangelisch

Als ein neuer Vikar der Katholischen Kirche zu stark ins Geschirr gegangen war und Unfrieden mit den Protestanten gesät hatte, wurde er in den Stiegen verprügelt und musste dann fort. In dieser Beziehung lebten die Bürger verschiedenen Glaubens in Lingen friedlich miteinander und wollten darin nicht gestört werden. Ich verkehrte viel bei Katholiken Johannigmann. Seine Schwester Mieze hatte es mir angetan. Ich sagte ihr nach 26 Jahren: „Ja, Mieze, es konnte leider nichts werden. Wir hatten verschiedene Gesangbücher.“ Die Forderung der katholischen Geistlichen auf eine rein katholische Erziehung der Kinder verhinderte Eheschließungen von Katholiken mit Protestanten.

Gymnasial-Turn- und Ruderverein (1907)

Die sogenannte bessere Gesellschaft feierte in ihrem „Casino“ [am Universitätsplatz] schöne Tänzereien, Aufführungen und Konzerte. Um die Ehre der Rede am Kaisergeburtstag war jedesmal großer Krach. Mein Vater hat oft mit schlichten müssen. Kurz und gut! Es hatten die Kaffeekränzchen und Stammtische genügend Stoff! Im Allgemeinen eine friedfertige, gemütliche alte Zeit.

Heideweg von Reitlage nach Nordlohne (um 1890)

Die wunderschöne Natur lud zu Touren ein und haben die Lingener, wo sie sich in der Welt trafen, sehr zusammengehalten aus Liebe zur Heimat. Vorteil von Kleinstadt!

Heuerhaus in Reitlage