Lingener Geschichte im Bild (2)
Im Jahr 975 wird der Ort Lingen zum ersten Mal urkundlich erwähnt, aber beide Ufer der Ems waren damals schon mit Bauernhöfen und kleinen Dörfern besiedelt. Aus solchen Siedlungen entwickelten sich die heutigen Ortsteile Darme, Altenlingen, Holthausen und Biene auf der östlichen, sowie Schepsdorf, Reitlage und Wachendorf westlichen Seite des Flusses.
Auf dem Schepsdorfer Esch, einer mittelalterlichen Ackerfläche, machte der Lingener Hobby-Archäologe Heinz-Werner Meyersiek 1996 zwei sensationelle Metallfunde. Die beiden Bronzescheiben, die er zunächst für vorzeitliche Gewandspangen gehalten hatte, erwiesen sich bei näherer Untersuchung als Heiligenbroschen aus der Zeit des Kaiserhauses der Karolinger im 9. Jahrhundert. Sie haben etwa die Größe eines 2-Euro-Stückes. Die Eintiefungen in der Oberfläche waren ursprünglich mit farbigem Glas gefüllt, dazwischen waren goldfarbige Drähte aufgelötet. Es handelte sich also um Reste von wertvollen Schmuckstücken, die heute im Emslandmuseum verwahrt werden.
Solche Broschen wurden im Mittelalter wie heutige Anstecker getragen. Experten deuten die beiden rund 1200 Jahre alten Darstellungen als Abbildungen der Heiligen Maria und des Heiligen Bonifatius. Dieser hatte wenige Generationen zuvor als „Missionar der Deutschen“ das Christentum in den Gebieten östlich des Rheines eingeführt. Nur die Sachsen in Norddeutschland wehrten sich unter ihrem Anführer Widukind noch bis in die Zeit Karls des Großen gegen den neuen Glauben. Erst die Bischöfe Wiho von Osnabrück und Liudger von Münster gründeten hier in der Zeit um 800 die ersten Bistümer.
Die frisch getauften Christen bekannten damals ihren neuen Glauben nicht zuletzt durch das Tragen von Schmuckstücken mit christlichen Motiven. Und dass im Lingener Raum gleich zwei solche Heiligenbroschen gefunden wurden ist ein Beweis für kirchliches Leben in Lingen schon weit vor der ersten urkundlichen Erwähnung der Pfarrei Lingen im Jahre 1250.