Die Reformierte Kirche in Lingen

Lingener Geschichte im Bild (34)

Die reformierte Kirche auf einem Holzschnitt von Alf Depser (um 1950)

Um ein heikles Kapitel geht es in der heutigen Folge der Serie von EL-Kurier und Emslandmuseum zu Lingener Geschichte: die Auseinandersetzungen zwischen den Katholiken und Protestanten  um die Kirchengebäude in der Zeit der Oranier.

Blick in den Chorraummit Abendmahlstisch

Mit der Übernahme der Grafschaft Lingen durch die Niederländer bildete sich ab 1633 wieder eine evangelisch-reformierte Gemeinde in der Stadt. Sie bestand aus einer Anzahl einheimischer Familien, die sich zum Calvinismus bekannten, aber hauptsächlich aus den zugezogenen niederländischen Beamten und Staatsdienern. Kirchen- und Predigtsprache war das Niederländische.

Eine neue Kirchenordnung calvinistischer Prägung mit einer Gemeindestruktur aus gewählten Vorstehern, dem sogenannten Presbyterium, und den angestellten Predigern wurde 1678 eingeführt. Übergreifende Angelegenheiten regelte man bei Regionalkonferenzen durch das Consistorium und bei großen Synoden. Bischöfe mit geistlicher Weisungsbefugnis gibt es in der reformierten Kirche nicht.

Das nicht unbeträchtliche Kirchenvermögen in der Grafschaft Lingen wurde dem Zugriff der Katholiken vollständig entzogen und in eine Geistliche Güterkasse eingebracht. Sie regelte die Besoldung der Prediger und den Unterhalt der Kirchengebäude. Die Armenversorgung übernahm eine Diakoniekasse.

Kastengestühle für die Honoratioren, ausgerichtet auf die zentrale Kanzel

Weil man für den reformierten Gottesdienst keine Altäre, Bilder und Heiligenfiguren benötigt, räumte man diese Gegenstände aus den Kirchen. Dabei kam es zur Zerstörung vieler Kunstwerke. Die Bilder an den Wänden und Gewölben wurden übertüncht. In Lingen hatte die katholische Gemeinde 1629 mit dem Neubau des Gotteshauses an der Kirchstraße begonnen. Ein prächtiger Chorraum war gerade fertiggestellt, als die Katholiken das Gebäude 1633 den Reformierten übergeben mussten. Die katholische Kirchenausstattung wurde entfernt und an zentraler Stelle eine große Kanzel aufgestellt. Eine umfangreiches Kastengestühl mit Blickrichtung zur Kanzel bildete die neue Einrichtung. Darin hatten die reformierten Honoratioren und Beamten, die Professoren und Studenten der Hohen Schule, die Gemeindevorsteher und die Predikanten ihre festen Plätze. Die übrigen Sitze waren für die recht kleine Bürgergemeinde und ein paar reformierte Bauernfamilien aus dem Kirchspiel vorgesehen.

Alle paar Wochen feierte die Gemeinde im Sonntagsgottesdienst auch das Abendmahl. Dafür stellte man vor der Kanzel einen großen Esstisch mit Brot und Wein für alle Teilnehmenden auf. Heute steht dieser Tisch im Chorraum der Kirche.

Im 18. und 19. Jahrhundert wurde die Reformierte Kirche in Lingen mehrfach umgebaut und umgestaltet. Der älteste Bauteil aus katholischer Zeit blieb dabei bis heute erhalten.