4. Dezember 2020
Heute schreibe ich mal eine persönliche Geschichte. Denn diese Schreibmaschine war mein Weihnachtsgeschenk im Jahr 1978. Ein Qualitätsprodukt des
damaligen Versandhauses Quelle unter der Marke „silver read“, offiziell „made in Japan“, aber wahrscheinlich in der damaligen DDR hergestellt. So lange ist das alles schon her.
Die leuchtend-orange Farbe war damals toppaktuell (es gab das gleiche Modell auch noch in beige, rot und schwarz). Tippfehler blieben nicht aus. Also stand Tippex, flüssig in der Flasche oder als Pulver auf einem Papierstreifen, stets griffbereit (wer noch Restbestände hat, möge sie bitte beim Museum abgeben). Das Farbband musste man hin und wieder wechseln.
Das „Blindschreiben mit zehn Fingern“ konnte man bei einem Schreibmaschinenkurs lernen, aber auch mit einem Lernheft. Das klappte bei mir ganz gut, nur bei den Zahlen habe ich nicht mehr durchgehalten und die kann ich heute noch nicht „blind“. Es gibt schlimmeres.
Meine kleine Schreibmaschine hat mich durch das Abitur und durch das ganze Studium begleitet. Zwei Bücher, mancher Aufsatz und unzählige Hausarbeiten sind durch ihre Tasten gegangen. Auch das Rohmanuskript für meine Dissertation habe ich noch darauf getippt, aber die Reinschrift übernahm dann ein Bekannter, der – welch Wunder der Technik – 1986 bereits über einen PC verfügt. Mit honiggelbem Bildschirm und von wegen „what you see ist what you get“ oder „windows“.
Das Ganze hatte übrigens noch ein Nachspiel bei der Einreichung meiner Doktorarbeit an der Philosophischen Fakultät der traditionsreichen Universität Münster (man staunt, aber die waren für mich zuständig). Dort stellte man nämlich verblüfft fest, dass sich bei den drei eingereichten Pflichtexemplaren das „Original“ und die beiden „Durchschriften“ nicht unterscheiden ließen. Kein Wunder, war ja alles aus dem Computer ausgedruckt und meiner Meinung nach alles original. Aber damit gibt sich eine altehrwürdige Fakultät natürlich nicht zufrieden. Der Rechtsbeistand wurde hinzugezogen und handelte immerhin pragmatisch. Mit einem Aufkleber wurde ein Exemplar zum Original erklärt (mit Siegel und Unterschrift) und die beiden anderen Ausdrucke zu schnöden Durchschriften.
So war das, als das Zeitalter meiner geliebten Schreibmaschine vom Zeitalter des Computers abgelöst wurde.
Das wichtigste Schreiben, dass jemals auf dieser kleinen Maschine getippt wurde? – Ein Bewerbungsschreiben in Richtung Lingen im Jahr 1987. Liebesbriefe wurden damals nämlich noch von Hand geschrieben…