Mit Muskelkraft und Dengelhammer

Erntezeit im Emsland anno dazumal

Kornfeld im Emsland

Den Höhepunkt des Jahres in der traditionellen Landwirtschaft bildete die Getreideernte. Ab diesem Zeitpunkt wusste man, ob man im nächsten Winter satt

Erntemannschaft in Suttrup bei Freren, um 1900

zu essen hatte – jedenfalls Roggenbrot und Pumpernickel, das alltags übliche Schwarzbrot. Doch bis zum Backen war es noch ein anstrengender Weg, denn alle Erntearbeiten mussten per Muskelkraft erledigt werden.

Mit Sense und Haken traten die Schnitter zur Feldarbeit an, begleitet von den Binderinnen, die die abgeschnittenen Halme zu Garben zusammenbanden und in Hocken zum Trocknen aufstellten. An diesen Tagen waren alle im Einsatz und die Bäuerin versorgte die Erntemannschaft mit Essen und Trinken. Gearbeitet wurde von Sonnenaufgang bis zum Mittag und dann nach einer längeren Pause noch einmal am Nachmittag.

Zwischendurch mussten die Sensen immer wieder geschärft werden. Hierzu benutzte man einen kleinen Amboss und einen Dengelhammer. Das rhythmische Schlagen dieser Hämmer war in der Erntezeit überall in den Feldern zu hören.

Frühstück, reichlich Getränke und Nachmittagskaffee wurden in Körben und Kannen auf das Feld gebracht. Abends waren Schnitter und Binderinnen von der harten Arbeit hundemüde, doch am nächsten Morgen ging es schon in aller Frühe weiter.

Seit der Zeit um 1900 erleichterten einfache Mähmaschinen mit einer mechanischen Mähbalken die Arbeit der Männer, während die Frauen weiterhin die Garben aufnehmen und binden mussten. Dies änderte sich nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Aufkommen der sogenannten Selbstbinder. Hier wurden von einer kombinierten Maschine die Halme abgeschnitten und dann automatisch zu Garben gebunden. Man genötigte allerdings drei kräftige Pferde, um den Mechanismus antreiben zu können.

Für noch größere Erntemaschinen waren Traktoren erforderlich, die aber im Emsland vor dem Zweiten Weltkrieg erst ganz vereinzelt zum Einsatz kamen. Mit dem Siegeszug des Treckers in den 50er-Jahren kamen dann die ersten Mähdrescher auf, die wie ein Anhänger gezogen über das Feld gezogen wurden. Sie waren in Amerika seit dem später 19. Jahrhundert im Einsatz, wobei die ersten Modelle noch per Pferdekraft angetrieben wurden. Von da aus war es technisch bis zu den heutigen selbstfahrenden Mähdreschern nur noch ein kleiner Schritt.

Bis dahin wurden die geernteten Garben nach dem Einfahren zunächst zum Nachtrocknen gelagert und dann in kleinen Partien an jedem Morgen mit dem Dreschflegel auf der Diele ausgedroschen. Dies war eine sehr anstrengende Arbeit am frühen Morgen und danach konnte man bei Frühstück „essen wie ein Scheunendrescher“.

“. Schon im 19. Jahrhundert übernahmen diese Arbeit hölzerne Dreschmaschinen, die anfangs von einem Pferd mit einem Göpel und später mit einer Lokomobile, einer fahrbaren Dampfmaschine, angetrieben wurden. Nun konnte man die gesamte Getreideernte in ein, zwei Tagen zu Körnern und Stroh verarbeiten. Viele landwirtschaftliche Lohnunternehmen sind aus solchen „Dampfdreschereien“ hervorgegangen. Heute erledigt der Mähdrescher alle diese Arbeiten in einem Schritt direkt auf dem Feld.

Zu den alten Erntebräuche gehörte das Vertreiben der bösen „Roggenmuhme“ beim Abschneiden der letzten Garbe. Daraus bastelte man später den „Stoppelhahn“, eine Strohfigur, die am Dielentor befestigt wurde. Das des letzten Fuders beim Einfahren der Ernte erhielt einen besonderen Schmuck und nach getaner Arbeit gab es bei einer gemeinsamen Feier das beliebte Erntebier. Organisierte Ernteumzüge und aufwendige Erntekronen in Kirchen und öffentlichen Gebäuden kamen im Emsland erst im 20. Jahrhundert auf.

Kornfeld auf der Kötteringe in Messingen