Von Papagei und Flatterscheibe

Aus der Geschichte unserer Schützenvereine

Schützenwesen im Mittelalter: „Schießen auf den Papagei“

Das Schützenwesen in seiner heutigen Form geht auf verschiedene historische Traditionen zurück. Eine seiner Wurzeln liegt sicherlich in der mittelalterlichen „Landfolge“, also dem Aufgebot aller waffenfähigen Männer zur Landesverteidigung.

Schießen auf den Vogel und die Zielscheibe mit Armbrust und Büchse, 1567

In den Zeiten der mittelalterlichen Fehden war eine solche Landwehr durchaus wirkungsvoll, wenn sie denn einsatzbereit und im Umgang mit den Waffen geübt war. Hierzu dienten turnusmäßige Musterungen der Männer und ihrer Waffen sowie gelegentliche Kampfübungen. Gestaltete man diese als Schießwettbewerbe oder Preisschießen, dann ließ sich die Motivation der Teilnehmer sicherlich stärken. Hier dürfte der Ursprung für das spätere Königschießen begründet liegen.

Geschossen wurde in dieser Zeit noch nicht mit dem Gewehr, sondern mit der Armbrust. Das Ziel bildeten nicht wie heute eine Scheibe oder ein Adler, sondern ein bunt angemalter Holzvogel, der sogenannten Papagei. Auf vielen zeitgenössischen Darstellungen ist dieses „Schieten den Papegaey“ abgebildet. Und das nach den Königschuss auch reichlich gefeiert und getrunken wurde, versteht sich wohl von selbst.

Aufstecken des Papageien – de Schützenvogels

Mit dem Aufkommen der Söldnerheere im 16. Jahrhundert war die Landfolge nicht mehr kampfstark genug. Immer wieder wurden bewaffnete Bauern von den kampferprobten Berufssoldaten niedergemetzelt. Häufig zogen die Bewohner der Dörfer und Bauerschaften die Flucht einem aussichtslosen Gefecht vor. So führten die langen Kriege im 16. und 17. Jahrhundert nicht nur zu einer starken Verarmung der Landbevölkerung, sondern auch zu einem Niedergang des Schützenwesen.

Mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges traten auch im Emsland wieder geregelte Verhältnisse ein. Die damaligen Fürstbischöfe von Osnabrück und Münster förderten aktiv die Neubelebung der Schützengilden in Stadt und Land. Viele Schützenvereine in den Kirchdörfern reichen mit ihrer Vereinsgeschichte nachweislich bis in diese Zeit zurück. Die zumeist kleineren Vereine in den Bauerschaften entstanden meistens erst später.

An die Stelle der Armbrust trat nun die Büchse und der bunte Papagei wurde von Zielscheibe und Adler verdrängt. Beide wurden zu bekannten Symbolen des Schützenwesens.

Schießen auf „Das Weiße“ – den Mittelpunkt der Zielscheibe

Im 18. Jahrhundert setzten sich stehende Berufsheere mit einheitlicher Kleidung und Bewaffnung immer mehr durch. Hinzu kam in Preußen die allgemeine Wehrpflicht, durch die viele Landbewohner in Kontakt zum Militär und seien Gepflogenheiten gelangten. Dadurch wirkte das moderne Heereswesen auch auf das Schützenwesen ein. Uniformen und Marschmusik, Trommeln und Fahnen, Dienstränge und Orden wurden zu unverzichtbaren Bestandteilen der Schützenvereine und des Schützenfestes.

Durch das allgemeine Bevölkerungswachstum nahm die Zahl der Haushalte und Bewohner auch in den Bauerschaften rasch zu, so dass sich nun auch in vielen kleineren Orten eigene Schützenvereine bilden konnten. Mancherorts konkurrierten sogar zwei Vereine: in Freren die Bürger- und die Bauernschützen, in Schapen getrennte Vereine für die Kaufleute und für die Landbevölkerung.

Durch staatliche Vorgaben nahm das Schützenwesen im 19. Jahrhundert vereinsmäßige Organisationsformen mit Satzung, Vorstand und geregelter Mitgliedschaft an. Der Ablauf der Feste wurde durch Verordnungen reglementiert und dadurch auch vereinheitlicht. Bei jedem Schützenfest war jetzt die Polizei anwesend, um die Einhaltung von Recht und Ordnung zu überwachen. Starken Alkoholkonsum und gelegentliche Schlägereien konnte allerdings auch ein gewiefter Schutzmann kaum verhindern.