Kirchspiel und Gemeinde Bawinkel

Vom entlegenen Winkel zum Genossenschaftsdorf

Der Name Bawinkel kommt aus dem Plattdeutschen von „Boven Winkel“ – dem obersten oder äußersten Winkel der alten Grafschaft Lingen. Durch diesen Winkel führte von alters her die „Flämische Straße“ von Flandern über die Lingener Emsfähre nach Norddeutschland, die heutige B 213, an der auch Bawinkel liegt.

Der Bahnhof Bawinkel (1906)
Die Kirche in Bawinkel (1906)

Die Flämische Straße war im Mittelalter auch ein wichtiger Pilgerweg zu den Gebeinen des Heiligen Alexander, die man im Jahre 851 in einem feierlichen Zug von Rom aus in die Stiftskirche in Wildeshausen überführt hatte. Auch die Kirche in Bawinkel erhielt diesen frühchristlichen Heiligen zum Schutzpatron.

Fastnachtsfeier im Möllerhook in Groß Bawinkel (um 1925)

Die Gemeinde besteht aus den drei Ortsteilen Bawinkel, Plankorth und Duisenburg. Die erste Siedlung entstand vermutlich in Groß Bawinkel, wo auch die mittelalterliche Kirche stand. Hier findet man die ältesten Bauernhöfe der Gemeinde.

Hochzeitsfeier bei Röwert-Knue in Plankorth

Plankorth reicht ebenfalls bis in diese Zeit zurück. Hier bildet der frühere Feuerlöschteich heute den Mittelpunkt einer malerischen Parkanlage.

Die einklassige Schule in Plankorth (um 1925)

Die Bauerschaft Plankorth hatte auch eine eigene Schule, deren Gebäude bis heute vorhanden sind. Dort gingen die Kinder bis in die 50er-Jahre in Holzschuhen zum Unterricht.

Der alte Hof Duisen in Duisenburg (um 1950)

Die Bauerschaft Duisenburg entstand erst später durch die schrittweise Kultivierung eines großen Sumpfgebietes, dem Duisenburger Diek. Benannt ist sie nach dem alten Bauernhof Duisen – ein Burg hat es an dieser Stelle nie gegeben.

Entenfänger in Bawinkel (um 1925)

Sümpfe und Feuchtgebiete prägten lange Zeit das Landschaftsbild im Raum Bawinkel. Der Ort war bekannt für seine gute Butter, für seine fetten Gänse und den Wildentenfang, der hier reiche Beute lieferte.

Entennester beim Haus eines Entenfängers (um 1925)

Die Entenfänger hielten eigene zahme Enten und lockten damit Wildenten in ihre „Glupe“. Das war eine große Falle, in der die Wildenten leicht eingefangen werden konnten.

Durch das Genossenschaftswesen machte die Landwirtschaft rasche Fortschritte

Mit dem Ausbau der Straße von Lingen nach Haselünne und der Eröffnung der Kleinebahn Lingen-Berge-Quakenbrück mit den drei Haltepunkten Clusorth, Plankorth und Bregenbeck im Gemeindegebiet witterten die Bawinkler ihre Chance. Mehrere Genossenschaften wurden gründet, um die Vermarktung der Agrarprodukte zu verbessern und bald galt Bawinkel als das Genossenschaftsdorf schlechthin. In allen drei Bauerschaften findet man heute eine blühende Landwirtschaft.

Die alte katholische Fachwerkkirche

Einigkeit macht stark galt auch beim Kirchenneubau, der kurz nach 1900 an der Hauptstraße genau auf der Grenze von Bawinkel und Plankorth errichtet wurde. Es entstand ein mächtiges Gotteshaus im Stil der Gotik, dessen hoher Turm heute das Wahrzeichen der Gemeinde bildet.

Die neue Kirche mit Gaststätten und Geschäftshäusern

Um die Kirche herum entstand ein blühendes Dorf mit Gaststätten, Geschäften und Handwerksbetrieben, von denen viele als typische Familienunternehmen bis heute existieren.

Heuerhaus in Bramhar-Meppen

Wegen der weitenKirchwege nach Haselünne, Meppen, Lingen und Lengerich schlossen sich mehrere Bauerschaften aus der Nachbarschaft dem Kirchspiel Bawinkel an: Clusorth-Bramhar, Bramhar-Meppen, Teile von Klosterholte, der Gelsbruch und Bregenbeck. So entstand das „alte Kirchspiel Bawinkel“, das heute weit über die Grenzen der politischen Gemeinde hinausragt.

Heuerlingsfamilie Hüer bei der Ernte (um 1960)

Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen viele Flüchtlinge und Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten in die Landgemeinden. In Bawinkel plante man damals den Bau einer Flüchtlings-Großsiedlung. Deshalb wurde hier 1950 eine evangelische Notkirche, eine sogenannte „Barning-Kirche“ (benannt nach dem Architekten Bartning) errichtet. Aus der Großsiedlung wurde nichts, doch das Gotteshaus steht heute unter Denkmalschutz und erinnert an eine schwere Zeit.

Erntedankfest in Clusoth-Bramhar in den 30er-Jahren

Aufgrund der günstigen verkehrsräumlichen Lage an der B 213 im „Dreiländereck“ von Lingen, Meppen und Haselünne hat Bawinkel sich in den letzten Jahrzehnten sehr positiv entwickelt und ist heute ein guter Wirtschaftsstandort und eine beliebte Wohngemeinde.