Ein besonders Kapitel Verkehrsgeschichte im Emsland
Ein besonderes Kapitel emsländischer Verkehrs- und Wirtschaftsgeschichte schrieb von ihrer Eröffnung 1904 bis zur Stilllegung 1952 die Kleinbahn Lingen-Berge-Quakenbrück. Bevor sie ganz in Vergessenheit gerät, erinnern wir mit Folge 114 der Serie „Achtung, Aufnahme!“ an die legendäre Bahnstrecke.
Auch nach dem Bau der Bahnlinien Münster-Emden und Rheine-Quakenbrück hatten viele Landgemeinden in den Altkreisen Lingen und Bersenbrück noch keinen Bahnanschluss und weite Wege zum nächsten Bahnhof.
Weil die Reichsbahn kein Interesse zeigte, ihr Schienennetz dorthin auszuweiten, erlaubte der preußische Staat auf Grundlage des Kleinbahngesetzes von 1892 den Bau und Betrieb einer privaten Eisenbahnlinie von Lingen nach Quakenbrück und gab hierzu auch einen erheblichen Zuschuss.
Die neu gegründete Eisenbahngesellschaft „Kleinbahn Lingen-Berge-Quakenbrück“ beschloss daraufhin den Bau einer Schmalspurbahn vom Bahnhof Lingen bis zur Bahnstation Quakenbrück.
Eine direkte Streckenverbindung hätte über Lengerich geführt, aber dort hoffte man damals noch auf den Bau einer Hauptstrecke von Fürstenau über Lengerich nach Lingen und wollte sich diese Option nicht durch einen Kleinbahnanschluss verbauen. Da trat Bawinkel an die Stelle von Lengerich, wodurch sich die Strecke allerdings wesentlich verlängerte. Das drückte auf die Rentabilität, doch die Euphorie war größer.
1904 wurde die 55 Kilometer lange Bahnstrecke nach einer mehrjährigen Bauzeit in Betrieb genommen.
Die Gleise führten im Wesentlichen über die Seitenstreifen bestehender Straße oder Wege und musste daher an vielen Fällen die Fahrbahn überqueren.
Das war nicht ungefährlich und es kam trotz der gemächlichen Fahrgeschwindigkeit zu vielen Zusammenstößen mit Straßenfahrzeugen.
Vom Kleinbahnhof in Lingen aus, er stand an der Stelle der heutigen Nordbrücke, musste die Kleinbahn erst mit einem Brückenbauwerk die Hauptbahnstrecke überqueren.
Von dort ging es zum Haltepunkt Stadtflur und dann weiter über die Haltestellen Brögbern und Plankorth immer an der Hauptstraße entlang bis Bawinkel.
Nächster Haltepunkt war die Bauerschaft Bregenbeck und dann kamen die Stationen in Gersten, Lengerich, Handrup und Wettrup. Dort erreichte die Bahnlinie die Kreisgrenze und über Menslage und Rentrup erreichte sie schließlich Quakenbrück. Dort bestanden Umsteigemöglichkeiten auf die Bahnstrecke Oberhausen-Wilhelmshaven.
In Lingen führt ein Stichgleis an der Wilhelmshöhe vorbei und über die Meppener Straße zum Neuen Hafen am Dortmund-Ems-Kanal. Dort konnten die Güter mit einem dampfbetriebenen Kran vom Schiff aus auf die Schiene verladen werden. Das Transportaufkommen blieb jedoch überschaubar.
Der Personenverkehr war für den Betrieb der Strecke wenig lukrativ. Dafür fuhren die kombinierten Güter- und Personenzüge viel zu langsam und die vielen Haltepunkte verlängerten die Fahrtzeiten. Immerhin hatten viele Orte jetzt zumindest eine regelmäßige Zugverbindung in die Kreisstadt. Auch die Fahrschüler aus den Dörfern entlang der Strecke profitierten von der Bahnstrecke.
In den Kriegs- und Nachkriegsjahren war die Kleinbahn ein wichtiger Verkehrsträger, denn die LKW wurden damals größtenteils für militärische Zwecke benötigt. Anfang der 50er-Jahre war die Bahnstrecke aber nicht mehr konkurrenzfähig.
1952 wurde der Betrieb eingestellt und die Gleise abgebaut. Einige der früheren Bahnhofsgebäude sind noch vorhanden.
Eine neue Ausstellung im Heimathaus in Bawinkel erinnert derzeit mit vielen Fotos, Modellen und Dokumenten an die Geschichte des legendären „Pingel-Anton“.