Alt und neu in der Innenstadt
Die Bauerntanzstraße war ursprünglich nur eine schmale Gasse, die vom Marktplatz aus zur Elisabethstraße führte, denn die Neue Straße, der Name sagt es schon, entstand erst in jüngerer Zeit.
Der Name Bauerntanzstraße kommt in verschiedenen Städten als Wirtshausname vor. 1761 ist in Bentheim eine Herberge mit der Bezeichnung „in den Baurendans“ belegt. Der Name ist wohl so zu deuten, dass hier die Landbevölkerung an Markttagen fröhlich feierte. Dies mag auch in Lingen so gewesen sein, denn in der Bauerntanzstraße wurde einst bei den Viehmärkten der Ferkelhandel abgehalten.
Auf der linken Straßenseite schlossen sich an das alte Sparkassengebäude am Markt zunächst das kleine Haus des Schneiders Thien und das Haus des Schusters Chastinet an. Darauf folgte die Gaststätte „Zum Deutschen Hause“ von Johannes Lühn, ein beliebter Treffpunkt der Lingener Paolbörger. Wegen der auffälligen Haarfarbe des Wirtes war die Gaststätte auch unter dem Namen „der rote Lühn“ stadtbekannt.
Auf dem Straßenabschnitt zwischen der Schlachterstraße und der Elisabethstraße stand früher eine Gaststätte, die unter dem Namen „Oma Schröder“ in Lingen ein Begriff war. Sie galt als Treffpunkt der Kivelinge, die hier von Wirtin Elisabeth Schröder betreut wurden. In den 50er-Jahren stand neben der Gaststätte ein Verkaufspavillon der Obst- und Gemüsehandlung Corbach.
Im nächsten Haus befand sich die Bäckerei Maßelink, die Ende der 1920er-Jahre von der Bäckerfamilie Koop übernommen wurde. Diese Familie spielt seit Generationen auch eine wichtige Rolle im politischen Leben der Stadt. Rechts neben Koop stand ein uraltes Bürgerhaus, in dem die Familie Bungenstock seit 1861 eine Tischlerei und ein Möbelgeschäft betrieb. Später befand sich hier ein Textilgeschäft und zuletzt ein Reisebüro. Das alte Fachwerkhaus von 1580 wurde in den 80er-Jahren von einem Liebhaber sorgsam abgetragen und eingelagert. Vielleicht wir es eines Tages an anderer Stelle wieder aufgebaut. In dem Neubau an gleicher Stelle befindet sich heute ein Modegeschäft.
Ursprünglich endete die Bauerntanzstraße bereits an der Elisabethstraße. In der Zeit um 1900 wurde der Straßenverlauf verlängert und erhielte die Bezeichnung „Neue Straße“. Hier entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts Wohnhäuser für Handwerker sowie Beamte der Eisenbahn und anderer Behörden.
Die Malermeister Fritze und Erich hatte hier ebenso ihren Sitz wie der Postoberinspektor Korves. Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnten hier die Polizisten Flisse, Bosse und Mattern und warfen ein waches Auge auf die Geschehnisse in der Innenstadt. Auch der in der Lookenstraße ausgebombte Arzt Dr. Beckmann fand hier nach dem Zweiten Weltkrieg ein neues Domizil.
Die Häuser auf der Ecke zur Elisabethstraße mussten schon in den 60er-Jahren für den Bau des neuen Rathauses verschwinden. In den 70er-Jahren folgten mehrere Häuser auf der linken Straßenseite für den Bau des Terrassenhausen. Auch die meisten übrigen älteren Wohngebäude wurden in den letzten Jahrzehnten durch neue große Wohn- und Geschäftshäuser ersetzt.
Am Ende der Straße stand auf der rechten Straßenseite die stattliche Villa der Kaufmannsfamilie Deeters. Das markante Gebäude mit zwei turmartigen Vorbauten musste in den 70er-Jahren der Trasse für den Konrad-Adenauer-Ring weichen.
Die Neue Straße endete früjher an der Ecke zum Wall mit dem Beginn der Miquelstraße. Damit bildete sie gleichzeitig die direkte Verbindung zwischen der Innenstadt und dem Bögenviertel. Heute ist sie die Hauptzufahrt vom Konrad-Adenauer-Ring in das Stadtzentrum und zum Neuen Rathaus.