1923: Strafbefehl wegen eines verschwiegenen Rindes

Bei der Viehzählung vor hundert Jahren „vergessen“

Wegen eines „verschwiegenen“ Rindes erhielt Bauer Bockmeyer 1923 einen Strafbefehl

Durch den Ersten Weltkrieg kam es in Deutschland zu einer Wirtschaftskrise und zu einer starken Geldinflation, die im Herbst 1923 ihren Höhepunkt erreichte und erst durch eine Währungsumstellung beendet werden konnte. Viele Sparer verloren hierdurch ihr gesamten Vermögen.

Der Hof Bockmeyer in Laxten in den 1920er-Jahren

Im Grunde schon seit dem Kriegsbeginn 1914 herrschte in Deutschland Mangelwirtschaft. Alle Landwirte mussten entsprechend ihrer Betriebsgröße festgelegte Kontingente an Ackerfrüchten, Schlachtvieh und Milch zu vorgegebenen Preisen abgeben. Nur war sie darüber hinaus produzierten, durften sie frei verkaufen.

Da kam es schon mal vor, dass ein paar Schweine mehr in der Weide liefen, als auf den Fragebögen angegeben war und auch bei der Angabe des Rinderbestandes konnte ein Bauer sich ja mal „verzählen“. Manchmal war auch vor der Kontrolle plötzlich ein Rind aus dem Stall „verschwunden“.

Der hundert Jahre alte Strafbefehl

Das passierte offenbar bei der Viehzählung am 1. Dezember 1922 auf dem Hof Bockmeyer in Laxten. Wie genau der „Irrtum“ zustande kommen war, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Jedenfalls stellte der Dorfpolizist Landjäger Tute bei einer Kontrolle fest, dass bei Bockmeyer ein Rind mehr im Stall stand, als der Bauer angegeben hatte.

Das Vergehen kam vor Gericht und am 3. April 1923 erreichte den Bauern Heinrich Bockmeyer ein entsprechender Strafbefehl. Er sollte für die nicht erfolgte Meldung des Rindes 5.000 Mark Strafe bezahlen. Wahlweise konnte er dafür auch im Gefängnis einsitzen, dann wolle die Justiz ihm für jeden Hafttag 150 Mark anrechnen.

Die Strafsumme erscheint auf den ersten Blick vielleicht etwas überzogen, doch hatte mittlerweile in Deutschland die Inflation einsetzt. Mitte 1920 kostete ein Pfund Brot in Deutschland noch 1,20 Mark, ein Jahr später von 1,35 Mark und Mitte 1922 bei 3,50 Mark. Dann galoppierte die Hyperinflation und im Januar 1923 lag der Preis für das gleich Brot schon bei 700 Mark, im Mai bei 1200, im August bei 100.000 und im September bei 2 Millionen Markt. Danach wurde nur noch in Milliarden gerechnet.

Wenn Bockmeyer sich mit der Zahlung also etwas Zeit gelassen hat, hielt sich sein finanzieller Schaden durch den Strafbefehl in Grenzen. Was er durch die Inflation verloren hat, wissen wir nicht.