Volksbote und Katechismus

Aus der Geschichte der Druckerei und Buchhandlung van Acken

Buchbinderei der Druckerei van Acken

Die Buchhandlung und die Druckerei van Acken mit dem dort erscheinenden „Lingener Volksboten“ waren im 19. Jahrhundert das, was man heute als Medienhaus bezeichnen würde. Nur eben auf Zeitungspapier und Buchseiten als Datenträgern.

Das Stammhaus am Pferdemarkt seit 1876

1868 erwarb der vom Niederrhein stammende Buchdrucker Rüdiger van Acken vom Lingener Amtsgerichtsassessor Dr. Friedrich Oosthuys für 600 Taler dessen kleine Druckerei. Van Acken hatte bereits einige Erfahrungen im Druckerei- und Verlagswesen und erhielt 1869 die Konzession, in Lingen eine Buchhandlung zu betreiben. Die Bücher wurden zunächst von größeren Buchhandlungen in Münster und Osnabrück bezogen. Erster Direktlieferant war der Herder-Verlag in Freiburg. Seit 1880 wurde van Acken von Leipzig aus über einen Grossisten mit Büchern aller Verlage direkt beliefert.

In der Buchhandlung van Acken (um 1900)

Am 3. Juli 1869 erschien zum ersten Mal der „Lingener Volksbote“, den Rüdiger van Acken zu jedem Samstag im Einmannbetrieb verfasste, im Bleilettern setzte, druckte und verlegte. Mit dem neuen Presseorgan, das sich vorwiegend an die katholische Bevölkerung in Stadt und Altkreis Lingen richtete, machte van Acken sich allerdings nicht nur Freunde. Für einige sprachliche und inhaltliche Entgleisungen wurde er angezeigt und bestraft.

Die Druckerei und die Buchhandlung (um 1900)

1876 erwarb van Acken ein Haus an der Burgstraße, das Platz für eine geräumige Druckerei und eine große Buchhandlung bot, die dort weit über hundert Jahre lang existierte. Nun wurden außer dem Volksboten auch Kleindrucksachen und Bücher gedruckt und verlegt. Zu einem Bestseller entwickelte sich das beliebte Kochbuch „Die Führung der bürgerlichen und feinen Küche“ mit einer Auflage von fast 100.000 Exemplaren. Große Auflagen erreichten auch die Werke des katholischen Theologen Professor Franz Spirago, etwa sein „Katholischer Volkskatechismus“ und seine gesammelten „Predigten“. Neben auflagenstarken Gebets- und Erbauungsbüchern druckte van Acken auch immer wieder heimatgeschichtliche Bücher und Schriften. Insgesamt sollen in dem Lingener Verlag 168 Buchtitel erschienen sein.

Die Familie des Firmengründers Rüdiger van Acken (um 1880)

Nach dem Tod des Firmengründers übernahm der Sohn August van Acken sen. 1899 den Betrieb. Um diese Zeit war auch sein Schwager, der Buchhändler Johann Hoffmann, in die Leitung des Geschäftes eingetreten.

Die erste Setzmaschine (um 1930)

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg wurden neue Druck-, Falz- und Heftmaschinen angeschafft. Doch Krieg und Inflation warfen die Entwicklung des Betriebes um Jahre zurück.

Die Setzer vor den Setzkästen mit dem Bleilettern

In den 1920er-Jahren erschien der „Volksbote“ täglich und mit steigenden Auflagezahlen. Nun schaffte die Druckerei eine neue Setzmaschine und eine Schnelldruckpresse an.

Milchpause in der Druckerei van Acken

1936 folgten eine zweite Setzmaschine und eine automatische Druckmaschine der Marke Heidelberger.

In der Druckerei van Acken (um 1930)

Wegen seiner katholischen Ausrichtung und der Nähe der Verlegerfamilie zur Zentrumspartei verboten die Nationalsozialisten 1936 das weitere Erscheinen des Volksboten. Es folgten Beschlagnahmen von Büchern durch die Gestapo und im Herbst 1944 musste auch die Buchhandlung schließen. Beide Firmeninhaber waren mittlerweile verstorben.

Die Geschäftsstelle des ‚Volksboten‘ im Hause Van Acken (um 1955)

Nach dem Krieg übernahmen Aloys Hoffmann und die Witwe Agnes van Acken, später dann ihr Sohn August van Acken jun., die Geschäftsleitung. Die Druckerei hatte den Krieg weitgehend unbeschadet überstanden, aber der „Volksbote“ erhielt erst 1949 wieder eine Zulassung.

In einer stark veränderten Presselandschaft konnte er jedoch nicht wieder zur alten Größe aufsteigen und stellte 1967 das Erscheinen ein. Die Inhaber teilten die Firma in eine selbständige Buchhandlung und eine Druckerei auf, die 1981 an die Josefstraße verlegt und bald drauf an den Heise-Verlag verkauft wurde. Beide Betriebe sind heute längst Geschichte.