Die neue Verfassung entstand in einem Museum
Vor genau 75 Jahren, am 23. Mai 1949, wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland von den Landtagen der drei westdeutschen Besatzungszonen (mit Ausnahme Bayerns) angenommen. Ausgearbeitet hatte die neue Verfassung ein Parlamentarischer Rat mit Vertretern der nach 1945 neu gebildeten Bundesländer. Dieser Parlamentarische Rat tagte in Bonn im Museum König.
Die 65 stimmberechtigten Mitglieder (darunter vier Frauen) wurden von den Landesparlamenten entsprechend der Einwohnerzahl der Länder gewählt. So erhielt zum Beispiel Nordrhein-Westfalen 17 Sitze, Bayern 13 und Niedersachsen 9.
Die Bezeichnung Grundgesetz wurde gewählt, weil man die ostdeutschen Länder in der Sowjetischen Zone nicht ausschließen wollte und sich so die Möglichkeit offenließ, später eine gesamtdeutsche Verfassung einzusetzen. Das Grundgesetz glich aber vom Inhalt her einer Verfassung, weil es die Grundsätze der politischen Ordnung festlegte: Demokratie, Republik, Sozialstaat, Bundesland und Rechtsstaatsprinzip.
Aufgrund der Erfahrungen mit den Schwächen der Weimarer Republik und dem Unrechtsstaat des Nationalsozialismus betont das Grundgesetz sehr stark die Rechte des Bürgers und der Bürgerin gegenüber dem Staat und stellt sich, dass die Grundsätze das Staatswesen auch in Krisenzeiten gewahrt bleiben.
Schon im Sommer 1947 drängten die Alliierten die Länderchefs ihrer Besatzungszone darauf, sich zur Verfassung eines zukünftigen deutschen Staates zu erklären. Die Sache lag also im Wesentlichen in den Händen der Länder.
Bei der Londoner Sechsmächtekonferenz (USA, Vereinigtes Königreich, Frankreich und die Beneluxstaaten) im Frühjahr 1948 wurden erste Grundsatzentscheidungen für einen Föderalen Staat in Deutschland getroffen.
Die deutschen Länder antworteten darauf mit den „Frankfurter Dokumenten“, die Vorschläge für die weitere Vorgehensweise enthielten. Bis zum 1. September 1948 sollte eine verfassunggebende Versammlung gebildet werden.
Vom 10. Bis 23. August 1948 fand auf der Herreninsel im Chiemsee in Bayern ein „Verfassungskonvent“ statt, der die wesentlichen Züge des neuen Grundgesetzes bereits festlegte. Ein Protokollband dieser Konferenz befindet sich in der Sammlung des Emslandmuseums.
Auf Grundlage dieses Verfassungskonvents arbeitete der Parlamentarische Rat dann das Grundgesetz aus. Zum Präsidenten dieses Rates wurde von den Deligierten der spätere Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer gewählt.
Am 8. Mai 1949, auf den Tag genau drei Jahre nach der Kapitulation Hitler-Deutschlands, legte der Parlamentarische Rat sein Ergebnis vor. 53 Räte stimmten für, 12 gegen die Verfassung (die bayrische CSU, der nationalistische DP, die katholische Zentrumspartei und die KPD). Die Alliierten genehmigten das Grundgesetzt und vom 18. bis 21. Mai wurde das Gesetz den Landesparlamenten zur Abstimmung vorgelegt. Nur Bayern stimmte dagegen, weil es zu viel Einfluss des Bundes befürchtete.
Am 23. Mai wurde das Grundgesetz in einer feierlichen Sitzung verkündet und von 63 der 65 Mitglieder unterzeichnet. Nur die KPD verweigerte die Unterschrift. Anschließend unterzeichneten die Länderchefs. Mit Ablauf des Tages (23.5.) trat die neue Verfassung in Kraft.
Das Grundgesetz besteht aus zwei Teilen: den Grundrechten, die die Stellung der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat regeln, und den Staatsorganisationsrechten, die den Aufbau und die Funktionsweise des politischen Systems festlegen. Die Artikel 1 bis 19 nennt man die Grundrechte. An erster Stelle stehen dort die Menschenrechte, die aus der Menschenwürde abgeleitet werden. Sie können keinem Menschen unter keinen Umständen abgesprochen werden. Der Begriff Menschenwürde basiert auf der christlich-jüdischen Vorstellung vom Menschen als Geschöpf Gottes, vor dem alle Menschen gleich sind. Im Bereich des Staatsorganisationsrechtes wurden viele Schwächen der Weimarer Verfassung beseitigt und die Stellung des Staatsoberhauptes geschwächt. Damit nahm man endgültig Abschied vom Obrigkeitsstaat.
Im Laufe der letzten 75 Jahre wurde das Grundgesetz in vielen Details geändert und ergänzt. Die Grundrechte wie die Menschenwürde, die Meinungsfreiheit oder die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, sind jedoch unantastbar und haben somit „Ewigkeitscharakter“. Dies gilt insbesondere für den Artikel 1, Absatz 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“