Markus Quadt 10 Jahre in der Alten Posthalterei am Markt

Vor 10 Jahren übernahm Markus Quadt die Alte Posthalterei am Markt. Er hat aus dem verschlafenen Restaurant eine Bierkneipe mit guter Küche gemacht und damit einen neuen Treffpunkt in Lingen geschaffen.

Während der Corona-Zeit entwickelte er die Idee seiner Digitalen Bierprobe und erreichte damit Kultstatus.

Nach 10 Jahren ist die Posthalterei heute ein wichtiges und weithin bekanntes Aushängeschild der Stadt Lingen. Dieses Jubiläum ist ein guter Grund, einmal einen Blick in die Geschichte dieses markanten Hauses am Markt zu werfen.

1683 wurde an der Stelle des alteingesessenen Gasthofes Roskam das heutige Gebäude der Posthalterei errichtet. Das zweigeschossige Fachwerkhaus mit steilem Walmdach auf einem Eckgrundstück am Markt gegenüber dem Rathaus war damals eines der größten und repräsentativsten Bürgerhäuser der Stadt. Obwohl am Marktplatz gelegen, trägt es heute die Adresse Große Straße 1.

Von 1696 bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts wohnte hier die Familie des Rentmeisters Pontanus, einem Verwandten des Gründers der Lingener Hochschule. Ihm folgten durch Kauf die Besitzerfamilien Determeyer und Altemüller. 1804 erwarb der Kaufmann Timmermann das Haus, in dem ab 1817 der Postmeister Christian Eggeling und dann der Postmeister Ulich ihren Amtssitz hatten. Ulich war verwandt mit der Familie Jüngst und als das Postamt 1856 in den linken Flügel des neu erbauten Lingener Bahnhofsgebäudes verlegt wurde, verkaufte er das Haus am Markt an den Lingener Unternehmer und Buchhändler Wilhelm Jüngst. Dessen zahlreichen Firmengründungen gerieten bald darauf in Schwierigkeiten und so verkaufte Jüngst das Haus 1865 an die Witwe Johanna Wilhelmina Kobert, geborene Gerling. Über hundert Jahre lang blieb das Haus nun im Besitz der Familie.

Johann Kobert war die Witwe des Postschirrmeisters Karl Kobert aus Göttingen, der 1851 starb und seine Frau mit mehreren kleinen Kindern hinterließ. In ihrer Not gründete die Witwe Kobert ein Handarbeitsgeschäft, das schon bald so gut lief, dass sie die frühere Posthalterei am Markt erwerben konnte.
Aus dem Nachlass ihrer Eltern, die das Club-Lokal am Universitätsplatz geführt hatten, erbte Johanna Kobert wertvolles Mobiliar, das nun in der Posthalterei aufgestellt wurde und sich größtenteils bis heute in Familienbesitz befindet.

Die Familie Kobert stand treu zum Welfischen Königshaus von Hannover. Als die Preußen 1866 das Land Hannover besetzten und den ältesten Sohn Karl Kobert zum preußischen Militär einziehen wollten, türme dieser in die USA. Dort fand er Aufnahme bei Bekannten in Cincinatti (Ohio) und arbeitete zunächst als Buchhalter in einem Wein- und Whiskygeschäft. Später gründete er mit zwei Geschäftspartnern die „Distillery Mueller, Wathen, Kobert“ in Lebanon in Kentucky. Kobert erwarb dort ein Haus und heiratete Luise Ummelthun, die gebürtig aus Fürstenau stammte.

Mehrfach reiste Karl Kobert später nach Europa, um seine Mutter und seine Verwandten in Lingen zu besuchen. Wenn er aus der alten Heimat um eine finanzielle Hilfe gebeten wurde, zeigte er sich in der Regel sehr großzügig. Gerne unterstützte er dabei auch seine frühere Schule, das Gymnasium Georgianum.

Das Handarbeitsgeschäft in Lingen übernahm sein Bruder August Kobert. Dieser übertrug es später seiner Tochter Frederike, die den Kaufmann Hans Nolte heiratete. Diese Eheleute setzten das Handarbeitsgeschäft bis in die 70er-Jahre fort.


Bereits im 19. Jahrhundert waren mehrere Umbauten an dem Gebäude erfolgt. Das offene Herdfeuer in der rückwärtigen Küche wurde beseitigt und unter dem großen Rauchfang eine Kochmaschine aufgestellt.


Auf der Ecke zum Marktplatz wurde schon in der Zeit um 1860 ein großes Schaufenster eingebaut.



Im Inneren traten an die Stelle des offenen Herdfeuers unter dem großen Rauchfang eine Kochmaschine und eine Fliesenwand.






Die Zimmertüren, teilweise mit eingebauten Sprossenfenstern, stammen größtenteils von Umbauten im 19. Jahrhundert.



Umgebaut wurden im 19. Jahrhundert auch die rückwärtigen Wirtschaftsgebäude, die einen kleinen Innenhof umschließen.

Beim Wirbelsturm 1927 wurde das Gebäude schwer beschädigt und die Dachfahren wehte der Sturmwind größtenteils vom Dach. Die Schäden waren aber rasch behoben.




Die Erben Kobert bzw. Nolte verkauften das Haus 1978 an die Stadt Lingen, die an dieser Stelle die Zufahrt zur neuen Tiefgarage unter dem Marktplatz bauen wollte.



Das Haus stand aber mittlerweile unter Denkmalschutz und so wurde die Einfahrt unter dem bestehenden Gebäude angelegt.

Das Gebäude selber wurde restauriert und zu einer Gastwirtschaft mit dem Namen „Alte Posthalterei“ umgestaltet. 1980 eröffnete die Pächterfamilie Rotthowe die Gaststätte, die viel vom historischen Charme des alten Hauses bewahren konnte. Besonders beliebt war bald das im früheren Ladenlokal eingerichtete Kaminzimmer mit Blick zum Marktplatz.

Auf die Familie Rotthowe folgenden verschiedene Pächter, die das Haus mit unterschiedlichem Erfolg führten. Zu ihnen gehörte etwa Wirt Hansen, der vorher das Hotel Drei Kronen in Lippstadt geführt hatte. Viele Lingener denken noch zurück an die Zeit, Robert und Hermann Blanke gemeinsam mit Wolfgang Leonhard und Uwe Fritsch Inhaber der Posthalterei waren und Heidi Jürgens hinter der Theke stand. Ihnen folgte der Pächter Kanne-Hunfeld aus Lathen. Dann wurde das Lokal nach etwa einjährigen Leerstand von Sonja Heinen-Nee übernommen. Sie führte die Posthalterei etwa ein Jahr lang und wieder folgte ein längerer Leerstand.



Schließlich übernahm Markus Quadt mit einem neuen Konzept, vielen Ideen, aber vor allem mit Herz und Verstand für die Gastronomie die alte Posthalterei und führte sich zu neuer Größe. Ihm gratulieren wir hiermit zu seinem „Zehnjährigen“ ganz herzlich.