Fachwerkbauten im Lingener Land
Die meisten Menschen im Emsland wohnten früher auf dem Lande und lebten von der Landwirtschaft. Die Bauernhäuser bestanden aus einem inneren Tragegerüst mit Ständern und Balken aus dicken Eichenhölzern.
Auch die Außenwände waren aus Eichenfachwerk gezimmert und die Felder im Fachwerk mit Lehm und später mit Backstein ausgefacht. Die Dachhaut bestand aus Stroh oder Reet. Ein solches Dach war preiswert, musste aber regelmäßig ausgebessert werden.
Der größte und wichtigste Raum im Bauerhaus war die große Diele, anderen Ende ein offenes Herdfeuer brannte. Erst später wurde durch eine Querwand die Küche von der Diele abgetrennt und an den Wohnteil wurden kleine Kammern angefügt. Darin befanden sich die Bettschränke, die sogenannten Butzen, Durke oder Alkoven.
In der Mitte der Küche brannte zu ebener Erde ein offenes Herdfeuer ohne Rauchabzug. Der Qualm musste sich durch Löcher im Dach seinen Weg nach draußen suchen.
Links und rechts der Diele befanden sich die Ställe für die Kühe und Pferde, über der Lage war der Lagerboden für die ungedroschenen Getreidegarben, die hier aufgestapelt waren. Jeden Morgen wurde ein Anzahl Garben auf die Diele geworfen und dort mit dem Dreschflegel ausgedroschen.
Bis in die Zeit um 1700 hatten auch die großen Bauernhäuser keine Giebel, sondern ein zu allen Seiten tief herabreichendes Walmdach.
Im Laufe des 18. Jahrhundert erhielten dann die meisten Häuser einen Fachwerkgiebel mit Auskragungen der oberen Giebelfelder.
Im Raum Salzbergen und Emsbüren, die damals noch zum Amt Rheine gehörten, wurden die Giebel nach münsterländer Art mit breiten Eichenplanken verschalt.
In der Grafschaft Lingen hingegen entstanden damals aufwendige Fachwerkgiebel mit dekorativem Gitterfachwerk, Auskragungen und Zierausmauerungen von Backstein. In den Formen orientierten sich die Bauleute dabei an den Nachbarregion im Osnabrücker Nordland und im Tecklenburger Land.
Die schönsten Fachwerkgiebel dieser Art entstanden im 18. Jahrhundert in den heutigen Samtgemeinden Lengerich, Freren und Spelle. Manche Beispiele sind dort noch erhalten und stehen heute unter Denkmalschutz.
Sehr haltbar und witterungsbeständig war diese Bauweise aus Holz leider nicht. Nur wenige Giebel erreichten ein Alter von mehr als 300 Jahren. Sie dürften der dauerhaften Pflege durch die Eigentümer. Hingegen sind die Innengerüste der alten Häuser auch nach mehreren Jahrhunderten in der Regel noch sehr gut erhalten und standsicher.
Viele der alten Fachwerkhäuser wurden seit dem 19. Jahrhundert umgebaut und mit massiven Backsteinwänden umkleidet. Mit ihrer hölzernen Tragkonstruktion sind sie für eine moderne landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr geeignet. Daher werden viele dieser Gebäude auch heute noch achtlos abgebrochen.