Eine Künstlerin aus Schlesien malt den Lingener Viehmarkt
Bis 1925 fand der Lingener Viehmarkt auf den Straßen der Innenstadt und auf dem Alten Pferdemarkt statt. Wegen des zunehmenden Autoverkehrs wurde er dann auf ein Gelände an der Alten Rheine Straße mit einer Viehrampe für die Eisenbahnverladung verlegt.
Der Handel fand überwiegend unter freiem Himmel statt und die Händler hatten dabei ihre eigenen Regeln, ihre eigene Sprache und ihre eigenen Geschäftsbräuche.
Das Treiben auf dem Viehmarkt hielt die Künstlerin Helga Baltabol Anfang der 50er-Jahre in einer Serie von Aquarellen fest, die heute einen hohen dokumentarischen Wert haben.
Die vielseitige Künstlerin stammte aus einer balten-deutschen Familie in Riga, die 1918 nach der Oktoberrevolution aus Litauen flüchten musste und in Oberschlesien eine neue Heimat fand.
Nach ihrer Schulzeit erhielt Helga Baltabol an der Kunstgewerbe-Akademie in Dresden eine umfassende künstlerische Ausbildung. Einer kurzen beruflichen Tätigkeit als Grafikerin folgte 1939 die Dienstverpflichtung bei der Luftwaffe.
Nach Kriegsende ließ Baltabol sich 1946 zunächst in Hessen nieder und war dort erneut als Grafikerin tätig. 1948 zog sie dann zu ihrer Schwester Rita Liebert, geb. Baltabol, nach Lingen.
Während ihrer Zeit im Emsland führte erstellte sie Werbegrafiken und Illustrationen, übernahm die Gestaltung eines Albums für Bischof Berning und experimentierte mit kunstgewerblichen Arbeiten.
In den 50er Jahren erhielt sie durch den Kontakt zum seinerzeit neu gegründeten Bund Bildender Künstler in Osnabrück neue künstlerische Impulse. Für eine dortige Ausstellung hielt sie die Szenen, Typen und Tiere auf dem Viehmarkt in einer Serie von Aquarellen fest. Nicht ohne Humor schildert sie dabei die Haltung und die Gesten der Händler und Besucher. Selbst die Darstellung der Tiere trägt einen Hauch von Karrikaturen.
1955 zog die Künstlerin nach Herdecke und war dort viele Jahre als Kunsterzieherin tätig. Sie starb dort 2006 im Alter von 93 Jahren.