Flurnamen im Emsland
In Lingen gibt es einen Barenkamp, einen Botterkamp, einen Grabenkamp, einen Heidkamp, einen Telgenkamp, einen Walzkamp, einen Wollenkamp und einige mehr. Doch worum handelt es sich eigentlich bei einem Kamp?
Kampfluren zwischen Hopsten und Schale auf einer Karte des Jahres 1747, die auf eine Vorlage von 1616 zurückgeht. Landesarchiv NRW, Abteilung Westfalen, Karten A, Nr. 1239.
Unter einem Kamp verstand man früher eine Acker- (z.B. Haverkamp ‚Haferkamp‘), Wiesenfläche (z.B. Kalverkamp ‚Kälberkamp‘, Heukamp) oder Holzung (z.B. Holtkamp ‚Holzkamp‘, Telgenkamp ‚Eichenschonung‘), die mit einem Zaun oder einer Hecke eingefriedet war. Dieser so urwestfälisch anmutende Begriff ist allerdings ein Lehnwort, das aus dem Lateinischen ins Niederdeutsche gelangt ist und vermutlich durch kulturelle Kontakte mit den romanisch-sprachigen Gebieten westlich des Rheins bereits vor dem 9. Jahrhundert nach Norddeutschland kam. Lateinisch campus meint nämlich das ‚Feld‘.
Allerdings sind von einigen Sprachwissenschaftlern und Namenforschern aktuell Zweifel an dieser langjährigen Erklärung angemeldet worden. Kamp sei demnach kein Lehnwort, sondern ein germanisches Erbwort. Anders lasse sich die weite Verbreitung im germanischen Sprachraum nicht erklären – so die neuere Ansicht. Doch ist dem entgegen zu halten, dass auch andere Lehnwörter sehr produktiv waren. Hinzu kommt, dass die in lateinischer Sprache aufgezeichneten germanischen Volksrechte (Leges barbarorum), die auf die Zeit zwischen dem 5. und 9./10. Jahrhundert n. Chr. zurückgehen, ein germanisches Wort Kamp nicht kennen. Hätte es ein solches germanisches Erbwort gegeben, wäre es im Hinblick auf die Beschreibung der agrarischen Verhältnisse der germanisch-sprachigen Regionen sicherlich auch verwendet worden, wie die Untersuchung der münsterischen Sprachwissenschaftlerin Ulrike Lade zu „Feld und Flur. Volkssprachliche Bezeichnungen in den frühmittelalterlichen Leges“ (1986) gezeigt hat.
Dass es sich um ein lateinisches Lehnwort handelt, macht auch die Entwicklung des heutigen Wortes Kampf deutlich. Denn auch dieser Begriff geht auf lateinisch campus in der speziellen Bedeutung ‚Schlachtfeld, Kampfplatz, gehegter Ort des gerichtlichen Zweikampfes‘ zurück, wie die Analyse der münsterischen Sprachwissenschaftlerin Dagmar Hüpper-Dröge ergab. Während die germanischen Wörter für den Kampf – etwa althochdeutsch *gu(n)dia, hadu-, hiltia, wîg bzw. altniederdeutsch guthia, *hathu-, hildi, wîg – zudem in den Rufnamenschatz der germanischen Kriegergesellschaft eingegangen sind (z.B. Gunhild, Hadubrand, Hildebrand, Wigbert), findet sich Kamp bzw. Kampf in keinem germanischen Vornamen. Auch das legt nahe, dass Kamp ein Lehnwort aus lateinisch campus und eben kein germanisches Erbwort gewesen ist.
Die vor allem nordwestdeutsche Flurbezeichnung Kamp muss somit weiterhin auf lateinisch campus ‚Feld‘ zurückgeführt werden und meinte eine eingefriedete Fläche, die zu unterschiedlichen Nutzungen – als ‚Ackerfläche, Wiese, Holzung oder auch Kampfplatz‘ – gebraucht werden konnte.
Dass die Kampflächen eingefriedet waren, erklärt sich dadurch, dass das Vieh in den gemeinen Markenflächen geweidet wurde. Deshalb mussten Ackerflächen und Holzschonungen eingezäunt sein, damit Ackerfrüchte und Bäume vor Verbiss geschützt waren.