Barentelgen – der Bärenbusch

Das Flurstück Auf der Barentelgen ist ein wichtiger Grenzpunkt für das südliche Emsland. Bereits 1403 erscheint er in einer Grenzbeschreibung und bis heute bildet der dortige, 1827 festgelegte und letztendlich 1843 aufgestellte Grenzstein die Markierung der Landesgrenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Doch woher kommt eigentlich der Name Barentelgen?

Man mag es heute kaum mehr glauben, aber in diesem Flurnamen hat sich die Erinnerung an ein Raubtier erhalten, das wir heute – live – nur noch aus dem Zoo kennen, allerdings früher auch in Westfalen heimisch war. In seinem ersten Teil steckt nämlich der Bär. Dass es dieses Tier einst auch in der Region gegeben hat, beweisen sowohl weitere Ortsnamen wie auch historische Nachrichten: So fingen die Bürger der Stadt Soest 1445 „eynen wilden Baren“. Ein Jahr später zogen auch die Bürger von Münster in den Dernebocholter Sundern bei Albersloh, um einem Bären habhaft zu werden, der großen Schaden an Ochsen, Kühen, Schafen und Honig angerichtet hatte. Sie überwältigten das Tier und brachten es lebendig mit einem Wagen, der von sieben Pferden gezogen werden musste, nach Münster. Der Bär findet sich eindeutig auch im Ortsnamen Berl bei Sendenhorst (9./10. Jahrhundert in Beranhlara). Die Beugung des Erstgliedes Beran– zeigt an, dass hier nur altniederdeutsch *bero/*baro ‚Bär‘ enthalten sein kann.

Ein gleichartiger Fall liegt auch bei Berentelg bei Mettingen vor. Der Name erscheint erstmals 1284 als Berentelget und wird als im Kirchspiel Mettingen gelegen bezeichnet. Auch Barentelgen ist hierher zu stellen. Dass es nicht der Eber, niederdeutsch Ber, sein kann, der in diesen Flurnamen vorliegt, lässt sich sprachlich nachweisen. Denn im Gegensatz zum Bären flektiert das Wort Ber wie auch Eber stark. Es müsste also *Berstelgen oder *Bertelgen heißen. Baren– oder Beren– kann nur zu *bero/*baro ‚Bär‘ gehören.

Der Grenzstein im Barentelgen auf einer Karte aus dem Jahr 1826.

Das Zweitglied –telgen in Barentelgen erinnert an den Namen der Stadt Telgte östlich von Münster. Und diese Assoziation ist auch ganz richtig. Im Münsterland gibt es mehrere Orte namens Telgte, die alle den gleichen Ursprung haben. Ein weiteres Telgte findet sich etwa in Westerkappeln. Die Telgte-Namen sind alle gleich gebildet und zwar als Ableitung mit dem Suffix –uth oder –udh (mit späterer Vokalabschwächung auch als –oth, –oht, –et[h]). Unter einem Suffix, auch Nachsilbe oder Endung genannt, versteht man ein unselbständiges Wortbildungselement, das an den Stamm von Wörtern angehängt wird, um neue Begriffe zu bilden. So wird z.B. aus dem Eigenschaftswort gesund durch Anhängen des Suffixes –heit das Hauptwort Gesund-heit. Das Suffix –uth bezeichnete in Ortsnamen das Vorhandensein von etwas an der benannten Stelle. Im Fall Telgte ist das Suffix an das mittelniederdeutsche Wort telge ‚Zweig, Ast, junger Baum‘ angehängt worden. Der Ortsname Telgte bezeichnete also ursprünglich die ‚Örtlichkeit, an der junge Bäume wachsen‘, also im weitesten Sinn einen ‚Wald‘ oder ‚Busch‘. Barentelgen ist also der ‚Bärenbusch‘. Ob sich hier in der Vergangenheit öfter Bären aufhielten oder ob das Gehölz durch ein Einzelereignis mit dem Raubtier seinen Namen bekam, kann heute allerdings nicht mehr festgestellt werden.