Erntedank in der NS-Zeit

Brauchtum und Propaganda

Erntedankfest 1933 in Langen

Erntedank wird vermutlich gefeiert, seit Ernten eingefahren werden. Auch in den christlichen Kirchen wird dieses Ereignis in jedem Jahr …

Die Erntekrone beim Erntedankfest 1933 in Langen

Anfang Oktober mit einem besonderen Fest und Dankgottesdiensten begangen. Erntekronen aus Getreidegarben sowie Dekorationen aus Früchten und Blumen sind bekannte Motive dieser Feiern. In manchen Orten oder Gegenden finden auch Erntedankumzüge mit Fußgruppen und Festwagen statt.

Die Nationalsozialisten griffen diese Traditionen ab 1933 rasch auf, sahen sie darin doch eine Möglichkeit, die Bevölkerung im ländlichen Raum für ihre Ziele oder zumindest für ihre Feiern zu gewinnen.

Zum ersten Mal wurde das Erntedankfest im neuen Stil des Nationalsozialismus im Herbst 1933 begangen. Im Landkreis Lingen wählte die Kreisleitung dafür zwei Orte aus: Langen für den nördlichen Teil und Lünne für das südliche Kreisgebiet.

2019 erhielt das Bildarchiv des Emslandmuseum aus einem privaten Fotonachlass sieben Fotografien, die damals beim Erntedankumzug in Langen aufgenommen wurden. Diese Fotos sind leider nicht beschriftet, lassen sich aber eindeutig zuweisen, weil im Hintergrund einiger Aufnahmen die Langener Kirche und andere markante Gebäude des Dorfes zu erkennen sind. Eines der Fotos ist bereits in einem älteren Lengerich Heimatbuch abgebildet mit der Bildunterschrift: „Das war das Erntedankfest im Jahre 1933, Langen.“

Spinngruppe auf einer Bauerndiele in Lengerich

Michael Merscher aus Lengerich konnte ein weiters Foto beisteuern, das eine Spinngruppe auf einer Bauerndiele in Lengerich zeigt. Diese Spinngruppe mit ihren Gerätschaften, vom Spinnrad bis zum Webstuhl, war beim Erntedankumzug in Langen auf einem der Festwagen dabei.

Weitere Motivwagen zeigten beim Umzug 1933 einen „Klendewagen“ (Ausssteuerwagen) mit typischen Einrichtungsgegenständen vom Butterfass bis zur Anrichte, eine Hochzeitsgesellschaft sowie einen mit Getreidegarben bepackten Erntewagen, geschmückt mit einer Erntekrone.

Das Erntedankfest in Langen war ein Riesenerfolg für die Veranstalter. Besonders den historischen Motivwagen wurde eine hohe Bedeutung zugemessen. Der Webstuhl und ein besonderes Gerät zur Zerkleinerung von Flachshalmen kamen bald darauf in das Lingener Kreisheimatmuseum und befinden sich bis heute im Bestand des Emslandmuseums Lingen.

Eine weiteres großes Kreiserntedankfest mit zahlreichen Festwagen wurde 1937 in Lingen und Schepsdorf veranstaltet. Der Festumzug führte durch die Innenstadt und endete mit einer Großkundgebung auf den Emswiesen in Schepsdorf, an der Tausende Gäste teilnahmen.

Reichserntedankfest auf dem Bückeberg. Gemälde von Rudolf Riege, Hameln, 1933

Parallel zu den vielen lokalen und regionalen Erntedankfeste und Umzügen fand ab 1933 jährlich das „Reichserntedankfest“ auf dem Bückeberg bei Hameln mit mehreren Hunderttausend Teilnehmern statt. Es war eine der größten Propagandaveranstaltungen in der NS-Zeit.

Aufstieg zum Bückberg beim Reichserntedankfest – Foto aus einem Lingener Familienalbum

Auch hier waren immer wieder Gäste und Delegationen aus dem Raum Lingen vertreten. Das belegen nicht zuletzt einschlägige Erinnerungsfotos vom Bückeberg in Lingener Familienalben.