Hermann und Fenni de Haas – Fotografen in Lingen
Kurz vor der Jahrhundertwende bekam der Fotograf Fritz Hüsig in Lingen starke Konkurrenz. Hermann de Haas, der zuvor bereits
in Vohwinkel bei Wuppertal ein Fotoatelier betrieben hatte, ließ sich 1897 in Lingen nieder. Zunächst mietete er Räumlichkeiten im Hause Adelmann an der Marienstraße an (heute Spielemax). Nach ein paar Jahren richtete er an der Schwedenschanze 8 (heute Jakob-Wolf-Straße) in der Nähe der heutigen Arbeitsagentur ein Fotoatelier ein. Das mit Glaswänden ausgestattete Studio befand sich auf dem rückwärtigen Grundstück, vorne an der Straße befand sich ein kleines Ladengeschäft für Bilderrahmen und Fotoalben.
Nachdem Fritz Hüsig 1918 gestorben war und Vizenz Hake sein Atelier aufgegeben hatte, war Hermann der Haas in den 20er-Jahren zunächst der einzige Profifotograf in Lingen. Als die Stadt 1925 ein Elektrizitätsnetz erhielt, konnte im Atelier de Haas endlich auch mit elektrischem Licht ausgeleuchtet werden. Damit wurde die Fotografie vom Tageslicht unabhängig und es eröffneten sich neue Möglichkeiten zur Ausleuchtung von Innenräumen und Porträtaufnahmen im Wechsel von Licht und Gegenlicht.
Häufig war Hermann des Haas auch mit seiner Kamera unterwegs. Er fotografiert Amtspersonen vor ihren Dienstsitzen und Familien vor ihren Häusern. Außerdem fertigte de Haas Vorlagen für Ansichtskarten an. Familienfeiern, Jubiläen und Vereinsereignisse gehörten ebenfalls zu seinem Programm. Bei Kivelingsfesten und Heimatschauen, beim Wirbelsturm 1927 und beim Stadtjubiläum 1928 war er mit seiner Kamera stets dabei.
In den 30er-Jahren stieg bei de Haas die Tochter Virginia, genannt Fenni, in das väterliche Atelier ein und war als Familienfotografin bald sehr beliebt. Besonders ihre Kinderfotos mit lachenden Gesichtern und strahlenden Kinderaugen zeigen eine große Lebendigkeit und Plastizität. Ihr fotografischer Stil war nicht mehr so steif wie die klassischen Atelieraufnahmen ihres Vaters. Mit einer leichteren Kamera nahm sie auch Außenaufnahmen und Schnappschüsse auf. Für Gruppenaufnahmen mit vielen Teilnehmern benutzte sie gerne ein extremes Querformat, an dem mal viele ihrer Fotografien erkennt.
Hermann des Haas schloss sich schon frühzeitig den Nationalsozialisten in Lingen an und trat bereits 1930 bei einem Werbeabend in die NSDAP ein. Auch seine Tochter erwarb sich ab 1933 rasch den Ruf einer strammen Nationalsozialistin und galt als zuverlässige Bildchronistin der Lingener NS-Frauenschaft. Überliefert sind etwa Aufnahmen von Fahrten zu den Parteitagen in Nürnberg oder von Gruppenstunden und Unterhaltungsabenden der weiblichen Parteiorganisationen.
Das Atelier an der Schwedenschanz wurde 1944 bei einem Luftangriff zerstört und nicht wieder aufgebaut.