Landschaftsaufnahmen von Gerdhard Moldwurf
Im Frühjahr 1931 rief der damalige Heimat- und Verkehrsverein Lingen zum einem Fotowettbewerb auf. Als Themen gab die Jury die Bereiche Landschaft,
Menschen der Heimat, historische Stätten und sonstige heimatliche Motive vor. Berufsfotografen durften nicht teilnehmen, weil sich der Wettbewerb an Amateurfotografen richtete. Die Resonanz war beachtlich und es gingen zahlreiche Fotos ein.
Bei der Preisverleihung gab es eine große Überraschung. Nicht stadtbekannte Fotografen wie die Brüder Clemens und Ernst Korte oder der ambitionierte Hobbyfotograf Ludwig Weinmann erhielten den ersten Preis, sondern der bis dahin weithin unbekannte Bürogehilfe Gerdhard Moldwurf von der Schwedenschanze. Mit seiner Aufnahme „Zur Nordlohner Mühle“ errang er den ersten Preis und räumte mit den „Birken an der Ems“ bei Herzford sowie dem „Weg zum Biener Busch“ auch gleich noch die Preise 6 und 9 ab.
Moldwurfs fotografischer Stil ähnelte den Aufnahmen von Clemens und Ernst Korte, doch diese hatten beim Fotowettbewerb Pech: die von ihnen eingereichten Aufnahmen entsprachen nicht dem geforderten Mindestformat und einige ihrer Motive stammten auch nicht, wie gefordert, aus dem Kreis Lingen.
Ermutigt durch seinen Wettbewerbserfolg eröffnete Moldwurf bald darauf ein Fotogeschäft in der Marienstraße, in dem er auch Schreibwaren anbot. Seine Fotoansichtskarten waren in jenen Jahren sehr beliebt und seine Landschaftsaufnahmen hielten Einzug in verschiedene regionale Bildbände und Prospekte. Im eigenen Labor entwickelte er nicht nur eigene Aufnahmen, sondern erledigte er auch Auftragsarbeiten für viele Kunden aus Lingen und Umgebung.
Moldwurf tat sich in den folgenden Jahren vor allem als Landschaftsfotograf hervor, der die typischen Fluss- und Heidelandschaften des Emslandes gekonnt in Szene setzte. Ein bewegter Wolkenhimmel mit gebrochener Lichtführung gab vielen seiner Aufnahmen eine besondere Dynamik. Dörfliche Szenen und die alte emsländischen Bauernhöfe hielt er ebenfalls in seinen Fotografien fest. Doch auch die Wehrmachtsparaden und die Wehrmachtsmanöver der Garnisonsstadt Lingen boten in den 30er-Jahren ein breites Betätigungsfeld für einen Fotografen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lieferte Gerhard Moldwurf verschiedene Aufnahmen für den damaligen „Lingener Heimatkalender“. Die typischen Motive der 50er-Jahre wie Industrieanlagen und neue Wohngebiet, Verkehr und Technik interessierten ihn weniger. Moldwurf gab schließlich die Fotoabteilung auf und führte sein Geschäft als Schreibwarenhandlung fort. Seine Bilder gerieten weithin in Vergessenheit.
Vor einigen Wochen erhielt das Emslandmuseum von Hans-Erich Nolte aus Wunstorf, einem Nachfahren der Familie Kobert am Markt (heute Alte Posthalterei) ein Fotoalbum aus dem Jahre 1931, in dem auch die preisgekrönten Aufnahmen Gerhard Moldwurfs auf dem Wettbewerb enthalten sind. Eine Auswahl aus diesem Album mit dem Titel „Meine Heimat“ wird hier erstmals präsentiert.