Theater, Theater

Vorhang auf in Stadt und Land

Nur für eine Saison bestand 1950 die Freilichtbühne an der Hörstraße in Schapen

Seit dem 19. Jahrhundert ist das Theater ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in Stadt und Land, gerade auch in derTheaterstadt Lingen. Doch auch in allen Gemeinden in der Umgebung Lingens gab und gibt es aktive Theatergruppen.

Auftritt eine auswärtigen Tourneetheaters in Lingen, um 1925

Vor hundert Jahren dachte in Lingen noch niemand an ein eigenes Theatergebäude an der Wilhelmshöhe, aber im Saal der dortigen Gaststätte sowie in weiteren Lokalen in der Innenstadt fanden schon damals Aufführungen auswärtiger Tourneetheater und heimischer Laienspielergruppen statt. Reisende Theatergruppen benötigen früher eine staatliche Lizenz, um das Publikum vor schändlichem Einfluss durch Schauspieler und missliebige Stücke zu bewahren. Dazu gehörten Kritik am Königshaus und der Obrigkeit ebenso wie Verstöße gegen den Anstand und die guten Sitten. Denn nicht selten versuchten Theatergruppen, mangelnde Professionalität durch die Wahl populärer Stücke mit derben Späßen wettzumachen. Auch in Lingen trafen sie damit auf den Widerstand von Lokalpolitik und Geistlichkeit, aber auf starken Zulauf des Publikums.

Viele Vereine und Verbände gründeten deshalb eigene Schauspielgruppen. In Zeiten ohne Kino, Fernsehen und Internet waren Theateraufführungen ein überaus populäres Freizeitvergnügen. Fast allerorten führte der Kolping-Verein Theaterstücke auf.

Theatergruppe der Kivelinge vor der Wilhelmshöhe um 1910 – sämtliche Rollen sind mit Bürgersöhnen besetzt

Als Regisseure fungierten häufig die örtlichen Lehrer, manchmal auch die Kapläne. Eine Besonderheit bildete die Theatergruppe der Kivelinge, denn dort wurden sämtliche Rollen, also auch die weiblichen, grundsätzlich von Kivelingen dargestellt. Da war der Lacherfolg bei den Zuschauern garantiert.

An schauspielerischen Talenten herrschte offensichtlich auch auf dem platten Lande kein Mangel. Texthefte konnte man bei entsprechenden Fachverlagen für ein paar Groschen erwerben. Allerdings hatten einzelne Darsteller mitunter Schwierigkeiten mit der hochdeutschen Sprache. Kein Wunder, dass insbesondere auf den Dörfern plattdeutsche Theaterstücke beliebt waren. Die Landjugend engagierte sich dabei in besonderem Maße.

Mit Plakaten und Werbeanzeigen in den Lokalzeitungen warb man um einheimische und auswärtige Besucher. Durch die schwierigen Verkehrsverhältnisse war allerdings besonders in den Wintermonaten der Radius des Einzugsgebietes begrenzt. Deshalb wurden auch in den kleineren Orten gerne Theateraufführungen organisiert.

Zu Publikumsmagneten entwickelten sich die Freilichttheater auf improvisierten Bühnen mit Kulissen unter freiem Himmel. Hier konnte man auch Pferde, Fahrzeuge und Gebäudeattrappen in die Aufführung einbeziehen.

Bekannt waren in den 20er-Jahren die Germanen-Freilichtspiele in Ahlde bei Emsbüren und in der Nachkriegszeit die Freilichtbühne an der Hörstraße in Schapen auf dem Gelände des heutigen Bürgerparks.

Die Freilichtbühne an der Hörstraße in Schapen – 1950 für nur eine Saison eingerichtet

Dort hatte eine kirchliche Theatergruppe schon in den 20er-Jahren viele Stücke zu religiösen Themen aufgeführt, musste die Tätigkeit unter den Nationalsozialisten jedoch einstellten. 1950 wurde auf einer neuen Freilichtbühne mit großem Erfolg das Stück „Der Erbförster“ aufgeführt. Der Aufwand für die Herrichtung von Bühne und Zuschauerrängen, den Bau der Kulissen und die zahlreichen Proben der Schauspieler war allerdings so groß, dass hier keine weiteren Stücke mehr gespielt wurden.

Eröffnung des Theaters an der Wilhelmshöhe 1977

Das Laientheaterspiel ist trotz vieler neuer Medien in den meisten Orten im Emsland nach wie vor populär. Für professionelle Theateraufführungen bietet seit 1977 das Theater an der Wilhelmshöhe ideale Möglichkeiten und zieht Besucher aus einem weiten Umkreis an. Mit dem Theaterpädagogischen Zentrum und dem Studiengang Theaterpädagogik ist Lingen die unbestrittene Theatermetropole im Emsland.

Das Theater an der Wilhelmshöhe 1977