Einkaufen bei „Tante Emma“
Bis in die 1960er-Jahre kannte man im Emsland keine Supermärkte. Lebensmittel, soweit man sie nicht im eigenen Garten produzierte, wurden sie
in kleinen Einzelhandelsgeschäften gekauft, den sprichwörtlichen „Tante-Emma-Läden“. Daran erinnert unser heutiger Blick in das Bildarchiv des Emslandmuseums.
Einen „Tante-Emma-Laden“ gab es früher in jedem Wohnviertel. Die Verkäuferin kannte jeden Kunden und die Kinder, die sie ja von Kindheit an kannten, nannten sie einfach „Tante“. Und weil Emma ein weit verbreiteter Frauenname war, entstand draus der Begriff „Tante-Emma-Laden“.
Einst nannte man diese Geschäfte „Kolonialwarenhandlung“, denn dort war anfangs vor allem erhältlich, was man im eigenen Garten nicht selber produzieren konnte: Zucker und Salz, exotische Gewürze, Tabakwaren, Bananen und Apfelsinen – kurzum: alles, was für den täglichen Bedarf damals aus den Kolonien von Übersee importiert wurde. Auch Lebensmittel in Konservendosen gehörten zum Sortiment des Lebensmittel-Einzelhandels. Hinzu kamen industriell hergestellte Zutaten wie Back- und Puddingpulver oder Maggi-Würze. Lagerfähige Lebensmittel wie Kekse und Zwieback vervollständigten das Sortiment ebenso wie Bier und Wein in Flaschen. Senf und Essig wurden aus Fässern in kleine Gläser und Flaschen abgefüllt.
Zucker, Salz, Mehl, Reis und andere Grundnahrungsmittel wurde lose verkauft und erst beim Verkauf auf der Ladentheke ausgewogen und in Papiertüten verpackt. Gleiches galt auch für Käse und Wurstaufschnitt. Da hieß es beim Auswiegen gerne mal: „Darf’s ein bischen mehr sein?“, denn nicht immer ließ sich das gewünschte Viertel- oder Halbe Pfund exakt portionieren. Das wiegen und einpackten brauchte seine Zeit und bot stets Gelegenheit zu einem kleinen Gespräch. Die Tante-Emma-Läden waren auch die Nachrichtenzentralen der Hausfrauen, so wie die Eckkneipen für die Männer.
Gewogen wurde mit einer mechanischen Waage, die in keinem Lebensmittelgeschäft fehlen durfte. Das Eichamt kontrollierte regelmäßig die Waagen und Gewichtsstücke, damit die Kunden auch wirklich die richtige Menge erhielten. Bei professionellen Ladenwagen kombinierte ein großes Anzeigenfeld Gewicht und Preise, so dass man die Summe ablesen konnte. Bei einfachen Wagen musste mit Gewichtsstücken hantiert und gerechnet werden.
In vielen Tante-Emma-Läden wurden auch Reinigungsmittel verkauft, etwa Waschpulver oder Scheuermittel, Schwämme und Bürsten. Marken wie Persil oder Imi wurden aufgrund ihrer allgemeinen Bekanntheit geradezu sprichwörtlich.
Verpackungsmüll wurde in früheren Zeiten kaum produziert und Kunststoffe waren ohnehin noch unbekannt. Kartons und Papiertüten wurden grundsätzlich mehrfach verwendet und landeten dann irgendwann zum Anheizen im Feuer.
Beliefert wurden die kleinen Läden von Großhändlern, die mit ihren LKW die Waren zum Geschäft brachten. Bekannte Großhandelsketten waren zum Beispiel Spar, Konsum und Edeka. Die Kundinnen hatten eine Einkaufstasche, die manchmal ganz schön schwer war. Ein Auto zum Einkaufen im Supermarkt hatten die meisten Leute damals noch nicht. Erst 1960 öffnete in der Lookenstraße der erste Supermarkt von Eklöh aus Osnabrück.