Honigproduktion war einst ein wichtiger Wirtschaftszweig
Niedersachsen mit seinen vielen Heidegebieten gilt als Zentrum der Bienenhaltung in Deutschland. Auch das Emsland hat daran einen gewichtigen Anteil – und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Mengen an Honig waren beachtlich.
Einst boten die weitläufigen Heidegebiete im Emsland eine ideale Bienenweide. Die Honigerträge waren ergiebig und es galt das alte Sprichwort, dass ein schlechter Imker immer noch mehr verdient als der beste Weber. Neben dem Honig lieferten die Bienen auch Wachs, das für die Herstellung von Kerzen begehrt und entsprechend teuer war. Meistens war die Imkerei in unserer Region jedoch nur ein Nebenerwerb und keine Hauptberuf.
Die Bienen wurden früher im Emsland in geflochtenen Strohkörben gehalten, die man in Bienenständen aufstellte. Diese halboffenen Unterstände waren etliche Meter lang und konnten über hundert Bienenstöcke enthalten. Man nannte sie Immenschuur, also Bienenschauer, oder wegen ihrer langgestreckten Bauweise auch Immentuun, also Bienenzaun.
Ein mittlerer Bienenstand im Raum Lingen zählte etwa 80 Standbienenstöcke, die sich in einem guten Sommer auf 300 bis 400 Stöcke vermehrten. Besonders groß waren die Bienenstände in den ausgedehnten Heidegebieten westlich von Lohne und Elbergen.
Auf alten Landkarten sind sie dort sogar als Orientierungspunkte eingezeichnet. Die Imker aus Lohne trafen sich sonntags bei Neerschulte in Schepsdorf und einer der bekanntesten von ihnen war der Lehrer der Dorfschule, der an vielen Stellen Bienenstände aufgebaut hatte. Man fragte ihn eines Tages, ob er wohl tausend Stände besitze, und er versprach, einmal nachzuzählen. Am folgenden Sonntag meldete er „tausend weniger drei“. Da schenkten ihm die anderen Imker aus Jux die drei fehlenden Völker, damit er die legendäre Zahl von tausend erreichte.
1892 trafen sich in Lingen erstmals fast 200 Bienenhalter zur Bildung eines Imkereivereins, der 1898 offiziell gegründet wurde. Dort konnte man über alle Themen der Imkerei fachsimpeln sowie an Ausstellungen teilnehmen und Auszeichnungen erwerben. Eine wichtige Aufgabe des Vereins war auch die Beschaffung von Imkereigeräten. Der Vorsitzende des Lingener Vereins, August Fernau, entwickelte eine besondere Honigpresse aus Metall, für die er ein Reichspatent eintragen ließ und die von der Firma Rosemeyer in Lingen produziert wurden. Später traten Honigschleudern an die Stelle der altertümlichen Honigpressen.
Statt der empfindlichen Strohkörbe, die man bei schlechtem Wetter mit Grassoden oder Schilfmatten schützte, nutzte man zunehmend Bienenkästen, mit denen man die Völker auch transportieren konnte.
Im Jahr 1899 zählte der Lingener Imkerverein gut hundert Mitglieder, die zusammen 22.000 Pfund Honig verkauften. Bald bildeten sich in Sögel, Emsbüren und Haselünne weitere Bienenzuchtvereine. Um das Jahr 1900 wurden im Kreis Lingen fast 4.500 Bienenstöcke verzeichnet, in der Grafschaft Bentheim sogar rund 6.300. Im Ersten Weltkrieg war der Honig ein begehrtes Nahrungsmittel, doch gab es Probleme bei der Zuteilung von Zucker für die Zufütterung.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden im Emsland schon große Heideflächen kultiviert und so ging auch die Anzahl der Bienenstöcke in der 20er-Jahren bereits deutlich zurück. Mit der Weltwirtschaftskrise nahm die Imkerei als Nebenerwerb aber wieder an Bedeutung zu. Außerdem stieg das naturwissenschaftliche Interesse an der Bienenhaltung, die auch Bestandteil des Biologieunterrichtes war. In einem Modellprojekt wurde damals an vier Volksschulen im Kreis Lingen die Imkerei als Schulfach eingeführt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden neue Probleme, denn schon 1950 forderte der Imkereiverein die „Einschränkung von Pflanzenschutzmitteln“ zum Schutz der Bienen. Das ist bis heute ein wichtiges Thema.