Kneipe, Kirmes, Klosterleben

Aus der Geschichte der Familie Wolterkessen in Münnigbüren

Der frühere Hof Hoppe-Wolterkessen in Münnigbüren

Fährt man mit dem Fahrrad von Baccum aus durch den Brook nach Grumsmühlen oder Langen, dann sieht man dort mitten in der freien Landschaft ein schmuckes Anwesen mit einem schönen Fachwerkgiebel. Diesen Hof gründete einst die Familie Wolterkessen, später Hoppe, über die wir in der 89. Folge der Serie „Achtung, Aufnahme!“ berichten.

Die Gaststätte Wolterkessen mit dem Fachwerkgiebel von 1912

Die Familie wohnte ursprünglich am Barenkamp in Baccum in der Nähe des Bauern Wessmann. Als im Brook preiswertes Ödland verkauft wurde, erwarben Wolterkessen von den Bauern in Langen eine große Fläche unkultivierten Landes, das sie der Überlieferung nach „gegen eine große Korbflasche voll Schnaps“ eintauschten.

Die Familie Wolterkessen mit Pater Heinrich Wolterkessen und dem Heuermann Kuper (2.v.r.)

Dort wurde zunächst ein einfaches Fachwerkhaus errichtet und 1912 der schöne Neubau mit einem schmucken Fachergiebel im niedersächsischen Stil.

Das Haus Wolterkessen mit dem Lebensmittelgeschäft, erbaut 1912

Die Familie betrieb neben der Landwirtschaft, bei der sie von der Heuerlingsfamilie Kuper unterstützt wurde, eine Gaststätte und ein Lebensmittelgeschäft mit eigener Bäckerei. Der Nachbarort Langen hatte damals noch eine Kirche und keinen Ortskern, sondern gehörte zum weit entfernten Lengerich.

Die Gaststätte und das Lebensmittelgeschäft Wolterkessen (um 1920)

Der Weg zur Kirche in Baccum war für viele Bauern aus Grumsmühlen und Langen viel kürzer und so besuchten sie den dortigen Gottesdienst. Auf dem Hinweg gaben die Frauen bei Wolterkessen ihre Einkaufszettel ab und holten auf dem Rückweg bei einer Tasse Kaffee die fertig gepackte Einkaufstasche ab. Die Männer bestellten auf dem Hinweg einen halben Ort Schnaps (ca. ein achtel Liter), tranken die eine Hälfte sofort und den Rest auf dem Rückweg.

Der 80. Geburtstag von Oma Wolterkessen (1929)

Die Gaststätte war bekannt unter dem inoffiziellen Namen „Kiwitt“ (= Kibitz). Einmal im Jahr fand dort eine kleine Kirmes, die „Kiwittkärmste“ statt, die Gäste aus einem weiten Umkreis anzog.

Die Familie Wolterkessen mit ihren fünf Kindern (1893)

Die Familie Wolterkessen hatte fünf Kinder. Die beiden ältesten Schwestern, Maria und Caroline, gingen als Ordensschwestern in die Mission.

Pater Heinrich mit seiner Mutter bei einem Besuch auf dem elterlichen Hof

Der jüngste Sohn Heinrich wurde Maristenpater. Sein älterer Bruder Hermann musste als Soldat in den Ersten Weltkrieg. Er geriet in Kriegsgefangenschaft und starb 1919 an der Spanischen Grippe. Hoferbin wurde die Tochter Lucia, die 1920 Fritz Hoppe aus Hollenstede heiratete.

Schwester Paula als Missionsschwester auf Samoa
Schwester Anastasia als Missionsschwester auf Samoa

Die Tochter Maria ging 1905 als Schwester Paula in eine Missionsstation auf Samoa, damals noch eine deutsche Kolonie im Pazifik. Ihre Schwester Caroline folgte ihr 1909 als Schwester Anastasia in die Südsee. Sie kehrte niemals in die Heimat zurück und starb 1978 auf Samoa.

Schwester Paula auf Heimatbesuch 1939
Schwester Paula 1929 auf Heimatbesuch mit ihrem Bruder Pater Heinrich und der Familie Hoppe
Schwester Paul beim Heimatbesuch 1939 vor dem alten Hofkreuz

Schwester Paula kam 1939 noch einmal nach Deutschland zurück, um am Generalkapitel ihres Ordens teilzunehmen. Bei dieser Gelegenheit besuchte sie nach 34 Jahren auch ihr Elternhaus und traf ihren Bruder, Pater Heinrich. In Münnigbüren und Baccum wurde sie feierlich empfangen. Nur eine alte Bekannte, Josephine Mers aus Bramsche, ließ sich nicht blicken. Sie war eine fanatische Nationalsozialistin geworden und wollte mit einer Ordensschwester nichts mehr zu tun haben.

Pater Heinrich mit zwei weiteren Maristen auf Besuch in seinem Elternhaus (um 1930)

Pater Heinrich Wolterkessen hatte unterdessen die Leitung des Maristenhauses und der Schule in Meppen übernommen. Dort war er starker Verfolgung durch die Gestapo ausgesetzt. Schließlich wurde die Schule 1941 geschlossen und der musste Meppen zwangsweise verlassen. Nach Kriegsende kehrt er zurück und baute den Schulbetrieb wieder auf.

Bei ihrem Heimatbesuch 1939 lernte Schwester Paula auch ihre Nichte Elisabeth Hoppe kennen. Diese fühlte sich ebenfalls zur Ordensschwester berufen und kündigte damals in einem Gedicht für ihre Tante an, dass sie später ebenfalls das Ordenkleid tragen wolle. 1959 trat sie bei den Thuiner Schwestern ein.

Schwester Anastasia als Missionsschwester auf Samoa

Auf dem Rückweg in die Südsee erkrankte Schwester Paula und starb 1939 noch auf der Reise auf Tutuila, einer Insel westlich von Samoa.