Lingen nach der „Stunde Null“

Mittwochs im Museum berichtet über die Nachkriegszeit

Der Lingener Marktplatz 1946

Im Rahmen der Vortragsreihe „Mittwochs im Museum“ berichtet am 2.11. (Mi., 16 u. 19.30 Uhr) Dr. Andreas Eiynck über die Nachkriegsjahre in Lingen. Gezeigt werden dabei Fotos und Dokumente vom Einmarsch der alliierten Truppen im April 1945 bis zur Währungsreform. In diese Zeit fallen auch das Jahrhunderthochwasser im Februar 1946 sowie die Ankunft der Flüchtlinge und Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten in Lingen.

Der Lingener Marktplatz 1946

Nach schweren Kämpfen zogen sich in der ersten Aprilwoche 1945 die letzten Wehrmachtssoldaten aus der zerstörten Lingener Innenstadt zurück. Die Zustände waren Chaotisch, Geschäfte und Wohnungen wurden geplündert. Es herrschte buchstäblich die „Stunde Null“. Die einrückenden alliierten Truppen hatten die Lage aber rasch unter Kontrolle. Alle NS-Verwaltungsstrukturen wurden sofort aufgelöst. Parteifunktionäre, die nicht geflüchtet waren, wurden verhaftet. An ihre Stelle setzte die Militärbehörden eine deutsche Zivilverwaltung, die in ihrem Auftrag und auf ihre Anweisung handelte.

Die Kriegswirtschaft, die bis dahin die Versorgung der Bevölkerung gesichert hatte, brach zusammen. Lebensmittel und Brennstoff reichten nicht mehr und die letzten Vorräte waren rasch aufgebraucht. Der Mangel wurde mit Zuteilungsmarken verwaltet. Der Trend ging zum Schwarzmarkt und Kompensationshandel. Die Kriminalität nahm stark zu. Der größte Arbeitgeber in Lingen, das Eisenbahnausbesserungswerk, war zerstört, die Eisenbahnverbindung durch die Sprengung der Brücke in Hanekenfähr unterbrochen.

Tausende entlassene Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter wurden beim Durchzug der Front befreit. Die meisten wollten möglichst schnell in ihre Heimat zurückkehren. Andere mochten nicht in ihre mittlerweile kommunistisch regierten Herkunftsländer zurückkehren. In der Kaserne in Lingen entstand ein großes Auffanglager für Menschen vielerlei Nationen.

Als wäre die Lage noch nicht schon kritisch genug gewesen, überschwemmte im Frühjahr 1946 auch noch ein Jahrhunderthochwasser der Ems ganze Landstriche, darunter auch die Lingener Innenstadt.

Unterdessen trafen tausende Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten in Lingen ein und im Frühjahr 1946 kamen noch einmal tausende Vertriebene aus Schlesien hinzu. Alle Wohnungen waren überfüllt und so blieb nur, die Neuankömmlinge auf die Bauernhöfe in den Landgemeinden zu verteilen.

Erst mit der Währungsreform 1948, dem Wiederaufbau des Eisenbahnwerkes und dem Aufbau der Erdölraffinerie begann dann die wirtschaftliche Wende, die als „Wirtschaftswunder“ in die Geschichte einging.

Wegen begrenzter Teilnahmezahl ist eine Vorabmeldung erforderlich beim Heimatverein Lingen (Hanni Rickling), Email: j.rickling@dg-email.de oder Tel. 0501 62500.